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MÄNNER
20.04.2011

Andreas Ibertsberger im Interview

achtzehn99.de hat die gute Wetterlage genutzt und zum entspannten Gespräch auf der sonnigen Terrasse des Trainingszentrums geladen. Lesen Sie hier, was Andreas Ibertsberger über die vergangene Zeit bei Hoffenheim sagt, wie er die gegenwärtige Lage der Liga einschätzt und was er sich von der Zukunft erhofft.

Andreas Ibertsberger ist so etwas wie der Ruhepol im Kraichgau. Seit nunmehr dreieinhalb Jahren spielt der Österreicher bei 1899 Hoffenheim. Ein Allrounder, wie er im Buch steht. Ob Viererkette oder Mittelfeld, der 28-Jährige löst seine Aufgaben sachlich und unaufgeregt. Seine Zweikampfstärke, seine taktische Disziplin und seine hohe Laufbereitschaft, aber auch seine ruhige und sympathische Art machen ihn zur unschätzbaren Stütze im Hoffenheimer Mannschaftsgefüge.

Andi, Du bist jetzt drei Jahre bei Hoffenheim. Kannst du dich noch erinnern, was das Erste war, an das du gedacht hast, als du in Hoffenheim selbst standest?

(lacht) Erstmal bin ich dran vorbeigefahren. Da war ich aber nicht der Einzige. Ich habe mit meiner Frau das Trainingszentrum gesucht, musste dann noch mal anrufen und habe den gar nicht so kleinen Ball vor dem alten Gelände gesehen. Da wusste ich, hier sind wir richtig.


Als gebürtiger Salzburger bist du über Freiburg nach Hoffenheim gekommen - alles keine Großstädte. Bist du eher der Typ für die Provinz?

Was die Größe der Städte angeht, bleibe ich auf einem Level. Salzburg, Freiburg und Heidelberg, wo ich jetzt wohne, sind da absolut vergleichbar. Ich war auch etwas verwundert, als ich nach Deutschland kam, dass ich mich so schnell heimisch und wohl gefühlt habe. Ich kannte zu dem Zeitpunkt eigentlich nichts von Deutschland. Salzburg war und ist meine Heimatstadt, das wird sie auch immer bleiben. Auch wenn Heidelberg nicht ganz so bergig ist, gefällt es mir fast genauso gut. Man kann es dort sehr gut aushalten.


An was denkst du beim Begriff Heimat?

Als allererstes schon an die Gegend, in der ich aufgewachsen bin. Das verschiebt sich aber derzeit etwas. Meine Frau kommt aus Freiburg, ich habe dort eine schöne Zeit gehabt. Das Gleiche gilt jetzt für Hoffenheim. Das, was ich mit Heimat verbinde, erweitert sich gerade.


Was ist es, was Salzburg für dich ausmacht? Mozart oder die Berge?

Mozart nicht wirklich. Ich bin nicht direkt in Salzburg, sondern in einem kleinen, beschaulichen Ort Namens Seekirchen aufgewachsen. Dort haben wir einen wunderschönen Blick in die Berge und das Seengebiet im Norden Salzburgs ist einfach wunderschön.


Was war dein Lieblingsclub als Kind?

Ganz klar Salzburg. In meiner Jugend hieß der Club noch Casino Salzburg und hatte bereits eine erfolgreiche Geschichte hinter sich. Ich war natürlich vorbelastet. Mein Bruder hat zu dem Zeitpunkt bereits dort gespielt. Das war für mich auch immer ein Antrieb, dem großen Bruder nachzueifern und ebenfalls Profifußballer zu werden. Glücklicherweise hat das geklappt.


Du bist in der 2. Bundesliga-Saison nach Hoffenheim gekommen. Wie sah die Perspektive aus, die dir damals aufgezeigt wurde?

Das Ziel war der Aufstieg und die Etablierung in der ersten Bundesliga. Die Langfristigkeit wurde damals bereits betont und glaubwürdig untermauert - durch die Pläne zum Stadionneubau und dem neuen Trainingszentrum. Wir hätten aber nicht damit gerechnet, dass es in dem Tempo gelingt. Mich hat von Anfang die Motivation begeistert, mit der die Sache hier angegangen wurde.


Seitdem ist viel passiert: Aufstieg, Herbstmeisterschaft und Normalisierung. Wie würdest du die jetzige Situation charakterisieren?

Wir stehen immer noch am Anfang und es wird noch viel harte Arbeit nötig sein, um uns wirklich zu etablieren. Man sieht es diese Saison an der Tabelle, wie viele Dinge in den sportlichen Erfolg hereinspielen. So viele gestandene Clubs straucheln. Für uns als relativ neues Team in der Liga macht es das nicht leichter. Jetzt heißt es, Ruhe bewahren und weiter aufbauen, wofür der Grundstein in den letzten drei Jahren gelegt wurde.


Wie erklärst du dir die Tatsache, dass die Bundesliga derart verrückt spielt?

Es spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Einer ist sicherlich die WM, die erklärt aber nicht alles. Letztes Jahr hat es die Berliner Hertha erwischt, da war keine WM. Auch das Mannschaftsgefüge spielt eine wichtige Rolle. Das Schöne daran ist, dass allein die finanziellen Mittel eines Clubs nicht über dessen Tabellenplatz entscheiden können. Das macht die Liga so spannend, unberechenbar und attraktiv für den Zuschauer. Für die Spieler heißt es, sich in jeder Partie voll reinzuhängen.

Hier im Kraichgau bist du zum Bundesligaspieler gereift und hast geheiratet. Das sind entscheidende Weichen.

Auf alle Fälle. Ich bin hier ein gutes Stück erwachsener geworden, seit ich hierher gewechselt bin. Die dreieinhalb Jahre waren ein sehr wichtiger Lebensabschnitt. Es war eine tolle Zeit.


Ist auch der Club in dieser Zeit erwachsener geworden?

Ganz klar. Der Verein wächst und es ist wirklich sehr spannend, dabei zu sein und zu sehen, wie sich der Club entwickelt. Ich hoffe, unsere Fans verlieren nicht die Geduld mit uns, auch wenn natürlich mit der Herbstmeisterschaft große Erwartungen geweckt wurden. Wir sind immer noch neu in der Bundesliga, haben Fehler gemacht und werden sicherlich noch Fehler machen. Aber aus denen lernt man und es sind wichtige Erfahrungen, die einen voranbringen.


Fehler wie 2009, als du und Christoph Janker zu spät zur Dopingprobe erschienen sind und ihr um ein Haar gesperrt wurdet?

Ja, zum Beispiel. Damals waren wir alle froh, dass dieses Missverständnis nicht wirklich dramatische Folgen hatte. Heute würde uns so etwas nicht mehr passieren.


Wie die meisten Fußballprofis bist auch du von Verletzung nicht verschont geblieben. Hast du einen Trick, wie du dich durch solche Tiefphasen durchkämpfst?

Man braucht vor allem Disziplin. In Hoffenheim haben wir aber auch ein super Team an Ärzten und Physiotherapeuten, die sich um einen kümmern. Genauso wichtig ist aber auch, dass man sich zum positiven Denken zwingt.


Du bist eher ein ruhiger Zeitgenosse. Was bringt dich richtig auf die Palme?

(Lacht) Ganz spontan: Leute, die nicht Auto fahren können. Ansonsten stimmt es, dass ich nicht allzu leicht aus der Ruhe zu bringen bin.


Ist diese Ruhe eine deiner Stärken oder wünschst du dir manchmal, aufbrausender zu sein?

Das Eine schließt das Andere ja nicht aus. Aber es ist für mich auf alle Fälle eine Stärke. Als Spieler, aber vor allem außerhalb des Platzes. Das heißt nicht, dass man sich nicht mal wünscht, man könnte in manchen Situationen auch ein Schwein sein. Ich werde aber nicht damit anfangen, mich selbst zu verstellen oder zu versuchen, jemand zu sein, der ich nicht bin. Das habe ich bisher nicht gemacht und bin damit auch gut gefahren. Mich hat noch nie interessiert, ob ich jetzt der Typ bin, den man gut vermarkten kann, sondern mich immer bemüht, authentisch zu bleiben - auch wenn die lauteren Spieler manchmal im Vorteil waren. Ich brauche nicht ständig diese Aufmerksamkeit.

Wenn wir jetzt zu deinem Auto gehen, welche CD finden wir im CD Fach?

(Lacht) Die CD vom Navigationssystem. Musik habe ich im MP3 Format dabei. Momentan höre ich viel Coheed and Cambria, eine Rockband aus den USA. Ich höre viele unterschiedliche Bands, die meisten kommen aber klar aus dem Rockbereich. Da darf es dann auch mal etwas härter werden.


Zurück zum Fußball: Gegen den HSV und Freiburg hast du wieder auf der Sechs gespielt, wie 2009/10 ebenfalls einige Male. Wie kommst du auf dieser Position zurecht?

Ich bin die Position nicht in dem Maße gewohnt wie als Außenverteidiger, bin aber auch kein Fremder im defensiven Mittelfeld. Ich fühle mich wohl und habe absolut kein Problem mit der Position, wenn der Trainer mich auf dieser sieht.


Wann wurdest du zum linken Verteidiger?

In der Kindheit habe ich häufig im rechten Mittelfeld gespielt. Anfangs stand ich sogar eine Zeit im Tor. Da war ich aber so schlecht, dass ich ganz schnell wieder rausgenommen wurde. Mit 14, 15 Jahren bin ich in die Abwehrreihe geschoben worden, anfangs als Innenverteidiger, später auf den Außenbahnen. Seitdem wechsle ich zwischen der linken und der rechten hin und her.


Gibt es andere Sportarten, für die du dich begeisterst?

Ich spiele wahnsinnig gern Volleyball. Am liebsten
Beachvolleyball. Allein schon weil man sich danach zur Abkühlung ins Meer oder in den Pool werfen kann. Dann haben wir einen Hund und zwei Pferde - beides artet gelegentlich auch in sportlicher Betätigung aus.


Du hast vor deiner Profi-Karriere eine Ausbildung gemacht, oder?

Allerdings. Ich habe Zimmermann gelernt und die Lehre auch abgeschlossen. Unseren Eltern war das wichtig, daher mussten mein Bruder und ich erst unsere Ausbildungen beenden, ehe wir uns auf den Fußball konzentrieren durften. Die Arbeit hat mir Spaß gemacht und ich hatte mich auch damit arrangiert, diese Tätigkeit ein Großteil meines Lebens auszuüben. Aber als ich die Chance hatte, einen Vertrag als Profifußballer zu unterschreiben, habe ich nicht lange gezögert.


Hat der Schritt vom Perspektivspieler zum Profi bei dir länger als bei anderen gedauert?

Weiß ich nicht, aber ich habe schon meine Zeit gebraucht, ehe ich im Profigeschäft, damals noch in Salzburg, Fuß gefasst habe. Ich habe mir aber keine Sorgen gemacht, dass es nichts werden würde. Als die Chance kam, stand die Entscheidung fest und ich habe sie glücklicherweise nutzen können.


Hast du das Gefühl, dass sich die Nachwuchsspieler heute noch viel früher dieser Entscheidung gegenübersehen?

Ein bisschen schon. Die Sichtungen werden viel früher durchgeführt. Aber persönliche Opfer musste man früher genauso bringen, gerade als heranwachsender Jugendlicher. Die Entscheidung muss jetzt allerdings noch früher getroffen werden.


Als Österreicher kannst du doch nur ein Vorbild gehabt haben: Toni Polster.

Naja, Polster war natürlich ein überragender Fußballer und auch als Typ einmalig. Aber mein Vorbild war eigentlich mein Bruder. Der hatte es vor mir in den Profifußball geschafft und zwar dank eiserner Disziplin und der Bereitschaft, alles zu geben. Leider hat er sich schwer verletzt, was ihn den Großteil seiner Karriere gekostet hat. Als ich jünger war, habe ich ihm natürlich nachgeeifert.


Du hast knappe 80 Bundesligaspiele absolviert....

.... (lacht) wenn ich nicht so ein Tollpatsch wäre, könnten es auch schon 100 sein...


Überwältigt dich das manchmal noch oder ist es business as usual?

Ab und an vergisst man, dass es eine große Sache ist. Dann wird es Routine. Aber es gibt auch andere Momente, wenn man mit Freunden und Verwandten telefoniert und man merkt, wie stolz sie auf einen sind. Dann musst du dich selbst kneifen, um zu glauben, was um dich herum alles passiert.

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