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SPIELFELD
20.03.2019

Ausgeruht zum Erfolg

Schlafen ist wichtig. Rund ein Drittel seiner Lebenszeit verschläft ein Mensch. Wenn er auf Schlafentzug gesetzt wird, wirkt das wie eine Folter. Aber wie sieht es eigentlich im Hochleistungssport und speziell im Profifußball mit dem Schlafen aus? Das wichtige Thema kommt nicht selten zu kurz, aber bei der TSG Hoffenheim weiß man sehr genau um die Bedeutung eines guten Schlafs für die Leistungsfähigkeit.

Jeden Morgen erhalten alle Spieler der TSG Hoffenheim, von der U15 bis zur Bundesliga, eine Push-Nachricht auf ihr Handy. Eine speziell vom Hauptsponsor und Software-Spezialist SAP entwickelte App möchte einige Fragen beantwortet haben. Es geht um Angaben zum körperlichen Befinden, zur Gesundheit und zum Stresslevel, aber auch nach dem Schlaf der vergangenen Nacht wird gefragt. Wie war die Qualität der vorhergehenden Ruhestunden? Die Beantwortung geht ruckzuck, die Spieler bewegen auf dem Handy-Display den Zeiger auf einer Skala und senden ihre Antworten in die TSG-Datenbank. Dr. Sascha Härtel, Leistungsdiagnostiker bei der TSG Hoffenheim, wertet die Antworten aus. Die Trainer der Teams checken die Zusammenfassungen der Ergebnisse und schauen sich bestimmte Problemfälle eventuell noch einmal gesondert an.

Dass der Schlaf, einer der selbstverständlichsten Tätigkeiten des Menschen, von großem Interesse ist, mag den Außenstehenden überraschen. Für viele Sportwissenschaftler und erfahrene Trainer ist es das nicht: "Das Thema Schlaf steht bei uns auf der Agenda, weil seine Bedeutung für den Regenerationsprozess wissenschaftlich eindeutig belegt ist. Bekannt ist auch, welche Nachteile ein Athlet hat, der nicht gut oder zu wenig schläft", sagt Dr. Härtel, der bis Ende 2015 an der Technischen Hochschule Karlsruhe die Leistungsdiagnostik am Institut für Sport und Sportwissenschaft leitete. Er verweist darauf, dass der Zusammenhang von Schlaf und sportlicher Leistungsfähigkeit noch nicht umfassend erforscht ist. Aber die Notwendigkeit, sich im Spitzensport mit der Schlafqualität zu beschäftigen, besteht dennoch. "Regeneration ist allgemein von großer Bedeutung. Das Problem besteht, dass die Regeneration nicht eins zu eins gemessen werden kann", sagt Dr. Härtel.

Guter Schlaf fördert die Leistungsfähigkeit

Die meisten Menschen werden es kennen, manche erleben es häufiger, andere seltener: Ein schlechter, unruhiger Schlaf mit vielen Wachphasen kann den folgenden Tag vermiesen oder ihn gar zur Qual machen. Wer regelmäßig schlecht schläft, ist weniger resistent für Stress und anfälliger für Krankheiten. Im Umkehrschluss ist es somit logisch, dass die mit einem guten Schlaf gesegneten Fußballspieler ihre Leistungsfähigkeit wahrscheinlich besser ausschöpfen können als die Mitspieler, die sich nächtlich unruhig zwischen den Kissen rumwälzen. „Beim Ziel, die Schlafqualität zu verbessern, sind wir maximal von der Mitarbeit der Spieler abhängig, sei es bei den Profis oder den Spielern aus der TSG Akademie. Wir schreiben nichts vor, wir können daher immer nur sensibilisieren, dass der Schlaf eine wichtige Komponente für die Leistungsfähigkeit ist“, betont Härtel.

Vor Saisonbeginn werden Informationsveranstaltungen abgehalten, um diesen wichtigen Ansatz im Bewusstsein der Spieler zu verankern. Der 44-Jährige erläutert den Spielern, wie wichtig eine erholsame Nacht ist. „Weniger als sieben bis neun Stunden zu schlafen, erhöht die Verletzungsanfälligkeit. Durch zu wenig Schlaf verschlechtert sich nicht nur die Regeneration, sondern auch die Wahrnehmung und die Handlungsschnelligkeit“, sagt der Sportwissenschaftler und warnt, dass sich anhaltende Schlafprobleme noch schlimmer auswirken können: „Die Folgen von Schlafmangel zeigen sich eher langfristig.“

Härtel vermittelt den Spielern anschaulich, dass die Erholungsfunktionen, die tagsüber nicht möglich sind, während der nächtlichen Ruhe geschehen. Der Körper braucht Ruhephasen, um auf vorangegangene Belastungen mit entsprechenden Regenerationsvorgängen zu reagieren. Je besser der Schlaf, desto besser ist die Regeneration. Übernächtigt ins nächste harte Training oder gar ins Spiel zu gehen, ist eine miserable Vorbereitung. Dr. Härtel erteilt auch Ratschläge, wie ein guter Schlaf „provoziert“ werden kann. Diese Tipps kann jeder anwenden, sie sind natürlich nicht nur für Top-Sportler sinnvoll. Ein fester Tagesrhythmus mit einer festen „Zu-Bett-Geh-Zeit“, möglichst auch an freien Tagen, ist sehr hilfreich. „Schlaf vor Mitternacht ist optimal. Unsere Empfehlung lautet neun Stunden Schlaf. Vor dem Schlafen nicht mehr schwer essen, kurz vorher wenig Wasser trinken“, formuliert Härtel einige Tipps.

Smartphone vor dem Einschlafen vermeiden

Alkohol als „Einschlafmittel“ zu trinken, ist ein völlig falsches Mittel. Süße Riegel und stark gezuckertes Naschwerk sind abends noch mehr zu meiden als sonst. Aber der Hauptstörenfried für eine optimale Nachtruhe ist heutzutage eine intensive Smartphone-Nutzung vor dem Einschlafen. Nochmal schnell den Newsfeed auf Facebook checken, die Reaktionen auf den neuesten Instagram-Post studieren oder YouTube-Videos anschauen – schon ist man wieder hellwach, denn das von den Geräten ausgesendete blaue Licht stört den Einschlafprozess massiv. „Smartphone oder Tablets sollten im Bett generell vermieden werden, auch wenn moderne Geräte über einen Blaulichtfilter verfügen. Das bekommen die Jugendlichen bei uns mit Nachdruck eingetrichtert“, sagte Härtel. 

Wie die Empfehlungen dann umgesetzt werden, wird nicht überprüft. Schlaf ist schließlich eine der privatesten Sachen und die TSG will keinesfalls in den traumseligen Zeiten rumschnüffeln. Lediglich an der App-Auswertung lässt sich erkennen, wenn ein Spieler häufig mäßige bis mangelnde Schlafqualität angibt. Tritt zugleich ein Leistungsrückgang in den Trainingseinheiten und in den Spielen ein, der auf keine anderen Gründe zurückzuführen ist, kann durch Gespräche und eine gezielte Schlafberatung Abhilfe geschaffen werden. Zudem ist der Schlaf bedarf sehr unterschiedlich, weil jeder Mensch einem individuellen Biorhythmus folgt. Manche Spieler geben an, sie würden am liebsten zehn Stunden schlafen, andere geben sich mit sieben zufrieden. Manche machen nachmittags gern mal ein „Nickerchen“, das von vielen Sportmedizinern empfohlen wird, andere kämen überhaupt nicht auf diese Idee.

Grundsätzlich hätten Profifußballer einen guten Schlaf, wie kürzlich Nationalmannschaftsarzt Prof. Tim Meyer in einem Vortrag vor Experten erklärte. Aber fest stehe auch, dass Schlafen ein „unterschätzter Faktor“ im Leistungssport sei. Die TSG Hoffenheim hat sich dank Dr. Sascha Härtel diesem Problemfeld allerdings schon zugewandt.

20190320 sap tsg hoffenheim haertel schlaf

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