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SPIELFELD
22.10.2018

Szalai: "Man muss sich immer wieder rauskämpfen"

Ádám Szalai hat beim 3:1-Sieg in Nürnberg bereits sein viertes Saisontor erzielt und in der vergangenen Spielzeit maßgeblich zum Einzug der TSG Hoffenheim in die UEFA Champions League beigetragen. Im SPIELFELD-Interview spricht der 30-Jährige über die enorme Zuneigung der TSG-Fans und seinen Weg von der Stuttgarter Jugend über Real Madrid bis in die Königsklasse.

Ádám, in den vergangenen Jahren ist Deine Popularität bei den Fans der TSG Hoffenheim enorm gestiegen. In dieser Saison haben sich Fans sogar "Ádám Szalai Fußballgott" auf ihre Trikots drucken lassen. Du hattest auch schwierige Zeiten hier, wie nimmst Du den Zuwachs an Zuneigung wahr?

"Genau deswegen ist das besonders schön. Wenn man sieht, dass am Anfang nicht alles so einfach war und ich eine sehr schwierige Zeit hatte. Wenn man die vergangenen zweieinhalb Jahre sieht, seitdem Julian da ist und ich mit ihm zusammenarbeiten darf, ist das eine unglaublich positive Zeit – auch wenn ich nicht immer gespielt habe. Er setzt Ziele und es macht enorm viel Spaß, das umzusetzen, was er uns vorgibt."

Du hast in Deiner Karriere viel erlebt, war das Spiel gegen den BVB am 34. Spieltag der vergangenen Saison, in dem Du das wichtige 2:1 erzielt hast, ein Höhepunkt?

"Auf jeden Fall, auch das Tor, denn es war sehr wichtig. Nach dem Ausgleich waren wir kurz verzweifelt, aber dann kamen wir stark zurück, das war ein wichtiger Moment. Aber auch ohne meinen Treffer wäre es ein Spiel, das für immer in meinen Erinnerungen bleiben wird. Es war etwas Besonderes, beide Mannschaften wollten in die Champions League und es herrschte eine riesige Anspannung. Es war absolute Endspiel-Stimmung und ein Riesenerlebnis. Um so etwas zu erleben, spielt man Fußball. Man hat gesehen, was die Fans und Zuschauer gemeinsam für ein Erlebnis produziert haben, welche Gefühle das ausgelöst hat. Es war etwas Unvergessliches."

Wie hast Du die Freude nach dem Abpfiff erlebt?

"Ich habe mich riesig gefreut, dass wir gewonnen haben und wir die Qualifikation für die Champions League geschafft habe. Die Stimmung war einzigartig. Es waren viele Menschen da, mit denen man sich zusammen freuen konnte. Dieser Jubel, diese Erleichterung. Das war supergeil."

Du triffst regelmäßig – auch in dieser Spielzeit wieder. Auffällig ist, dass Du prächtig mit Deinem Heidelberger Nachbarn Nico Schulz harmonierst, mit dem Du im Sommer auch im Urlaub warst. Hilft so eine Freundschaft auch auf dem Platz?

"Na klar. Nico und ich sind sehr gut befreundet. Nicht erst seitdem er hier ist, sondern schon davor. Deshalb ist es natürlich sehr schön, dass wir Nachbarn sind. Wir verbringen sehr viel Zeit zusammen. Auf dem Platz wäre es natürlich auch schön, wenn er ein paar Tore mehr auf legen würde und nicht nur das eine bislang (lacht)."

"Der Abstieg mit Hannover war ein Tiefpunkt"

Es gab eine Zeit, da war Dir das Lachen vergangen. In der Saison 2015/16 wurdest Du in der Rückrunde dann sogar nach Hannover ausgeliehen und bist mit 96 abgestiegen. Nun bist Du Kapitän der ungarischen Nationalmannschaft und spielst mit der TSG in der UEFA Champions League. Hast Du es damals für möglich gehalten, dass Deine Laufbahn nochmal so an Fahrt aufnimmt?

"Der Abstieg mit Hannover war definitiv ein Tiefpunkt meiner Laufbahn. Zu dieser Zeit war ich in der Nationalmannschaft auch nicht erwünscht, da hat die Europameisterschaft 2016 plötzlich alles verändert. Aber ich habe immer an weitere Erfolge geglaubt, auch wenn sich das vielleicht seltsam anhört. Aber ich wusste, was ich kann, und auch, aus welchen Gründen ich meine Leistung nicht abrufen konnte. Du kommst irgendwann in eine Spirale, in der alles schief läuft, und da muss man sich dann wieder rauskämpfen. Ich glaube, das ist nicht nur im Fußball so, sondern auch im ganz normalen Leben. Egal, was man tut, es gibt immer mal schlechtere Zeiten. Aber das Wichtigste ist, wie man mit der schlechten Zeit umgeht und was man daraus macht. In guten Zeiten kann jeder das Leben locker genießen, aber mit der schweren Phase kann nicht jeder umgehen. Da benötigt man Willensstärke und Disziplin."

Helfen Dir diese Erfahrungen, wenn Du nun mal zwei, drei Spiele auf der Bank sitzt oder es mal nicht so läuft?

"Wenn man verschiedene Phasen erlebt hat, ist man natürlich leidensfähiger und kann auch mit den schwereren Zeiten besser umgehen. Ich habe aus der Vergangenheit gelernt und weiß, wie das ist und was zu tun ist."

Deine Karriere – aber auch Dein Lebenslauf – sind voll von Erlebnissen. Mit 16 bist Du aus Ungarn allein zum VfB Stuttgart nach Deutschland gekommen. Wenn Du auf diese Zeit zurückblickst. Wie schwierig war das, oder war alles voller Erwartung und Hoffnung, dass du eine große Profikarriere hinlegst?

"Die Zeit am Anfang war eine der schwierigsten in meinem ganzen Leben, weil ich allein war und kein Wort Deutsch konnte, als ich in das Internat gezogen bin. Das erste halbe Jahr ist schlecht gelaufen, aber dann gab es einen Punkt, an dem die Wende zum Guten kam, als ich immer mehr Spiele gemacht habe und am Ende mit der Stuttgarter A-Jugend Deutscher Meister geworden bin. Wenn ich mir etwas vornehme, gehe ich allem hinterher, bis ich es schaffe. Das ist nicht nur beim Fußball so. Ich habe einen starken Willen. Deshalb bin ich sehr glücklich, dass ich nach der schwierigen Anfangsphase in Deutschland trotzdem durchgehalten habe."

Du wurdest früh belohnt und bekamst ein Angebot von Real Madrid. Wie war die Zeit beim wohl besten Klub der Welt?

"Ich war 18 Jahre alt und hatte in Stuttgart ein paar Probleme, weil sie nicht so mit mir geplant haben, wie ich mir das vorgestellt hatte. Also bin ich in die zweite Mannschaft von Real Madrid gewechselt und habe dort zwei Jahre gespielt. Das letzte halbe Jahr habe ich mit der ersten Mannschaft trainiert, zu einem Einsatz hat es nicht gereicht. Aber es war eine der schönsten Zeiten in meinen Leben. Vor allem das zweite Jahr ist richtig gut gelaufen. Ich war der erfolgreichste Spieler in der zweiten Mannschaft, deshalb auch das Training bei der Ersten. Das war damals schon eine Mannschaft voller Weltstars, ich habe zwar gehofft, es dorthin zu schaffen, es war mir aber schon klar, dass es bei Real Madrid in der ersten Mannschaft hart werden wird und es nicht unbedingt realistisch ist. Aber die Zeit war wichtig und für mich letztlich ein gutes Sprungbrett in die Bundesliga, ich wechselte dann ja nach Mainz."

"Fußball ist ein Mannschaftssport"

Egal ob mit den "Bruchweg Boys" Lewis Holtby und André Schürrle bei Mainz, später bei Schalke 04 oder nun auch bei der TSG – obwohl Du ein typischer Mittelstürmer bist, ordnest Du Deine Tore dem Erfolg der Mannschaft stets unter.

"Ich bin fußballerisch so erzogen worden. Es ist nicht so, dass ich keine Tore schießen soll oder will, aber es ist ein Mannschaftssport. Ich kann es verstehen, wenn das manche anders sehen. Aber ich konnte immer meine Leistung bringen und ich wurde immer belohnt, wenn ich das gemacht habe, was mir ein taktisch guter Trainer vorgegeben hat. Es war nie so, dass er zu mir vor dem Spiel gesagt hat: ‘Ádám, deine Aufgabe ist es, zwei Tore zu schießen‘. Ich war immer der Stürmer, der drei oder vier verschiedene Aufgaben bekommen hat. Wenn ich die Aufgaben erfüllt habe, wurde ich früher oder später auch immer mit Toren belohnt. Und ich genieße es, auf dem Platz zu stehen. Wenn ich nur nach den Toren schauen würde, hätte ich auch Tennisspieler oder Schwimmer werden können. Dort schwimmst du gegen die Uhr, oder du bist einfach allein und musst deinen Wettkampf gewinnen. Aber wir sind in einem Mannschaftssport und mittlerweile macht es erfolgreiche Mannschaften aus, dass jeder Spieler weiß, was seine Aufgaben sind und was er an erster Stelle tun muss, um gemeinsam Erfolg zu haben. Da ist die TSG ein perfektes Beispiel."

Trotz Deiner überzeugenden Torquote bist Du ein Spieler, der sehr hart arbeitet und nicht bloß vorne lauert. Gibt es da sportliche Vorbilder für Dich?

"Wenn ich sofort einen Namen sagen muss, ist es auf jeden Fall Zlatan Ibrahimovic, der mich immer begeistert hat. Ich meine nicht seine Art außerhalb des Platzes, sondern seine Spielweise. Schon von klein auf fand ich seine Leistungen als Mittelstürmer beeindruckend."

Dein Opa hat in Ungarn in der ersten Liga Fußball gespielt, Dein Vater war Wasserballer, eine in Ungarn extrem populäre Sportart. Wurden Dir im Sport gewisse Werte mit auf den Weg gegeben, die Dir bis heute sehr wichtig sind?

"Auf jeden Fall. Ehrlichkeit steht bei mir an oberster Stelle. Was den Fußball betrifft, ist das nicht immer einfach. Dazu kommt die Willensstärke. Darum ist es meine ganze Karriere gegangen: Schaffe ich es oder nicht? Ich musste mir auf jeden Fall alles erarbeiten: Wenn man mit 16 allein als Ausländer nach Deutschland kommt, liegt es an der Persönlichkeit, ob man das schafft. Und ich habe es gepackt: Mittlerweile ist Deutschland meine zweite Heimat, ich fühle mich hier wohl und bin dem Land dankbar – und natürlich auch der TSG."

 

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