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SPIELFELD
29.05.2018

Bodenständiger Überflieger

Andrej Kramaric hat die TSG-Fans in der Rückrunde der abgelaufenen Saison wieder mit seinen Toren und Freudensprüngen verzückt. Nach fast zweieinhalb Jahren im Kraichgau fühlt sich der Kroate dem Klub und der Region eng verbunden. Im Sommer folgt bei der WM in Russland ein weiterer Karrierehöhepunkt.

Im Januar 2016 durfte sich Andrej Kramaric durchaus als Abenteurer fühlen. Der Kroate wechselte von England nach Deutschland. Allgemein kein besonders spektakulärer Schritt, doch die Umstände waren speziell: Das Ziel hieß Hoffenheim, der Stürmer schloss sich einem europaweit damals noch eher unbekanntem Klub aus einem 3300-Seelen-Dorf an, der abgeschlagen Tabellenletzter der Bundesliga war und gerade einen 28 Jahre alten Trainer verpflichtet hatte. Er kehrte Englands damaliger Mannschaft der Stunde den Rücken zu. Leicester City wurde fünf Monate später Meister in der Premier League. "Ich bin sehr gespannt auf die TSG und die Bundesliga, und ich will meinen Teil dazu beitragen, dass uns der Klassenerhalt gelingt", sagte Kramaric damals.

Er hielt Wort – und wurde für seinen Mut belohnt. Mit Julian Nagelsmann auf der Bank und Kramaric im Sturm erlebte die TSG einen nicht für möglich gehaltenen Höhenflug, der fast so senkrecht verlief wie der Start einer NASA-Rakete. Auf den Klassenerhalt folgten die Playoffs für die Champions League und danach die Europa-League-Teilnahme, ein Jahr später der Einzug in die Gruppenphase der Champions League, als Bundesliga-Dritter. Erfolge, die das Kollektiv erreichte, an denen der 25-Jährige aber einen großen Anteil hat: Mit 33 Bundesliga-Toren steht er bereits auf Rang vier der ewigen Bestenliste der TSG, zudem steuerte er noch 19 Torvorlagen bei. Aus dem Wagnis Hoffenheim wurde ein Sprungbrett, das Kramaric auf die internationale Bühne, in die Stammelf der kroatischen Nationalmannschaft und somit auch zur WM nach Russland katapultierte. Kaum verwunderlich, dass er sich in seinem Mut bestätigt sieht: "Ich hatte damals das Gefühl, dass dies der richtige Weg für mich sein könnte. Und ich hatte Recht, das freut mich natürlich." Die ländliche Region und seinen Wohnsitz Heidelberg hat er längst in Herz geschlossen – und die TSG sowieso: "Das ist einer meiner absoluten Lieblingsklubs geworden. Ich fühle mich sehr wohl hier, ich mag Hoffenheim sehr, es waren bislang zweieinhalb wirklich schöne Jahre hier. Ich kann nur positive Dinge über den Verein, die Mannschaft und den Trainer sagen. Für mich ist hier alles perfekt."

In der Ruhe liegt die Kraft

Die Begeisterung für Klub und Region gelten nicht nur den sportlichen Dingen. Kramaric – der seine Deutschkenntnisse stark verbessert hat – schätzt die Ruhe und Gelassenheit des Kraichgaus und die damit verbundene Möglichkeit ein "normales Leben" zu führen: "So ein VIP-Lifestyle ist überhaupt nicht mein Ding. Das ist mir viel zu aufwendig und kostet zu viel Kraft. Wenn ich morgens aufstehe, ziehe ich mir einfach etwas Bequemes an und achte nicht darauf, besonders stylisch auszusehen. Ich will einfach so sein, wie ich bin, mich nicht jeden Tag verstellen und ein ganz normales Leben führen."

Die Annehmlichkeiten, die der Job als Fußballprofi mit sich bringt, genießt Kramaric natürlich dennoch, irgendwann möchte er sich auch den Traum eines extravaganten Sportwagens erfüllen. Im Alltag schätzt er aber einen bodenständigen Auftritt – was auch an seiner Herkunft liegt. Seine Eltern leben zwar in Zagreb, wo er nach seiner Profi-Laufbahn auch wieder hinziehen möchte, der Rest seiner Familie aber in Dörfern im Umkreis der Hauptstadt. Ein Auftritt mit Star-Allüren wäre Kramaric dort höchst unangenehm.

"Meine Familie hatte nie viel Geld, ich würde mich schlecht fühlen, wenn ich hier wie ein Angeber rüberkommen würde. Mir macht es mehr Spaß, mit ihnen zu teilen, als alles in meinen Lifestyle zu investieren. Zudem ist man so viel entspannter. Man muss nicht schauspielern, ich bin immer der Andrej von früher, das wissen und spüren alle." Kramaric genießt die Zeit bei Familie und Freunden, so oft es geht, fliegt er in den Pausen in die Heimat – natürlich nicht im Privatflieger: "Täglich gehen vier Flieger von Frankfurt nach Zagreb. Nur, weil man genug Geld hat, sich besondere Dinge zu leisten, muss man es ja nicht tun. Solche Dinge sind für mich sinnlos."

"Höhenflüge" für Kroatien

In Kroatien wird er trotz seiner bodenständigen Erscheinung häufiger erkannt und angesprochen als in Deutschland. Aufgrund seiner Leistungen bei der TSG ist er zu einem festen Bestandteil der Nationalmannschaft geworden. Pünktlich zur Weltmeisterschaft ist er in absoluter Top-Form, nachdem er in dieser Saison eine rätselhafte Serie von 18 Spielen ohne Tor hingelegt hatte. Doch die Krise ist längst überwunden und analysiert, die TSG-Fans freuen sich über regelmäßige "Höhenflüge" des Stürmers – der seine Tore mit einem beeindruckenden Sprung feiert. Die Rückkehr der Treffsicherheit war nicht bloß für die TSG wichtig – vor allem für die Stimmung des Stürmers war sie von enormer Bedeutung: "Wen man als Stürmer keine Tore schießt, ist man selten gut gelaunt. Und das kann auch mal passieren, wenn die Mannschaft gewonnen hat. So ist das Stürmerleben und die Sehnsucht nach Toren macht einen Angreifer auch aus – alles andere wäre gelogen. Wenn man Chancen vergibt, ist man einfach sauer, vor allem auf sich selbst, denn ich will dem Team ja durch meine Tore helfen."

Der Vorsatz gilt während der WM nun erst einmal für das kroatische Nationalteam, das in Russland in den Gruppenspielen auf Argentinien, Island und Nigeria trifft. In der neuen Saison dürfen sich die TSG-Fans dann wieder auf Freudensprünge im Hoffenheimer Trikot freuen – und die Fortsetzung der gemeinsamen Erfolgsgeschichte, die als Abenteuer begann.

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