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SPIELFELD
27.11.2017

Otmar Rösch - Ein Spezialist, der Hoffnung macht

Otmar Rösch kann im Trainerstab der TSG Hoffenheim nicht nur die längste Dienstzeit aufweisen. Der 56-Jährige ist auch nach den Lebensjahren der Älteste im Trainerteam von Julian Nagelsmann. "Otti", wie er genannt wird, arbeitet im Hintergrund, füllt aber eine immens wichtige Funktion aus: Als Reha-Trainer sorgt er dafür, dass verletzte Spieler wieder fit werden und ihre Zuversicht behalten.

Erfahrungen sind äußerst lehrreich. Otmar Rösch hat einige gesammelt – vor allen Dingen in seinem Berufsfeld. Davon zehrt der 56-Jährige, unvorbereitet treffen ihn Ereignisse kaum einmal. "In jeder Saison gibt es Phasen, in denen es einiges zu tun gibt", sagt Otmar Rösch. In der jetzigen Spielzeit, in der für die TSG mehr Spiele anstehen, ist es durchaus normal, dass in seiner ganz speziellen Trainingsgruppe etwas mehr los ist. Von Otmar Röschs Arbeit hängt es entscheidend ab, wie gut und wie schnell verletzte Profis der TSG Hoffenheim wieder einsatzfähig werden. "Momentan bin ich Reha- und Athletiktrainer, eigentlich beides, aber der Schwerpunkt liegt auf der Reha", schildert er seine Tätigkeiten.

Schon seit 2009 arbeitet der aus Feldstetten von der Schwäbischen Alb stammende Coach für die TSG – in unterschiedlichsten Funktionen. Rösch war ebenso schon Assistent von Cheftrainer Markus Gisdol, mit dem er früher beim SSV Ulm ein Gespann gebildet hat wie auch zwischenzeitlich Chefcoach der Hoffenheimer U23 in der Regionalliga, als einmal Gisdol und das andere Mal Frank Kramer zu den Profis wechselte. Aber Rösch bevorzugt die Rolle im Hintergrund: "Ich glaube, dass ich ein guter Co-Trainer bin. Ich mag es, einen engen Bezug zu den Spielern zu haben. Als Cheftrainer geht das nicht so gut."

Reha für Körper und Seele

In der Tat: Otmar Rösch ist eine Vertrauensperson für die meisten TSG-Profis. Das ist besonders wichtig, weil die Spieler häufiger in einer Situation zu ihm kommen, die für sie kompliziert und manchmal auch schwer zu ertragen ist. Rösch wird zur Bezugsperson der Spieler. "Ich bekomme viel von der Psyche der Spieler mit. Ich spüre, wenn sie an sich selber zweifeln, weil es nicht so läuft, wie sie wollen. In diesen Fällen bin ich psychologisch gefordert", sagt Rösch, der selbst Profi beim SSV Ulm war und an der Deutschen Sporthochschule in Köln vorher zum Diplom-Sportwissenschaftler ausgebildet wurde.

Die Spieler schätzen sein Einfühlungsvermögen: "Klar versuche ich, mich so gut wie möglich in die Jungs reinzudenken.“ Reha für Körper und wenn nötig für die Seele, dafür wird "Otti" geschätzt. Auf dem Platz bereitet Rösch die Einheiten so vor, dass gezielt das Selbstvertrauen seiner verunsicherten "Patienten" gestärkt wird. Kleine, regelmäßige Fortschritte und möglichst frühe fußballerische Inhalte sorgen für Motivation und positive Erlebnisse. Das beschleunigt den Heilungsprozess. Manchmal gehen die Gespräche natürlich auch über den Fußball hinaus. "Gelegentlich besprechen wir auch mal private Dinge oder Problemchen irgendwelcher Art. Aber das zählt dann als intern und bleibt immer unter uns. Privat ist privat."

Individuelle Übungsprogramme

Rösch arbeitet im Hintergrund daran, dass die Sorgenkinder wieder fit werden. Sind Spieler schwerer verletzt, arbeiten sie zunächst im Reha-Zentrum unter Anleitung von Bernd Steinhoff und den Reha-Therapeuten. "Ich übernehme die Spieler nach Absprache mit unserer Reha, sobald sie die erste Reha-Phase überwunden haben. Wenn sie in der Lage sind, Laufeinheiten zu absolvieren, beginnt meine Aufgabe", sagt Rösch. Da die Mitglieder seiner Gruppe verschiedene Verletzungen haben oder ihr Reha-Verlauf unterschiedlich schnell ist, muss Rösch manchmal mehrere individuelle Übungsprogramme gleichzeitig starten. Ein Bänderriss am Sprunggelenk ist eben etwas anderes als eine Kopfverletzung oder eine Beckenprellung. Rösch wird dann zum mehrfachen Special Personal Coach.

"Man muss sich reindenken in die Spieler. Was kann er machen, was nicht? Das hat oft auch mit der eigenen Fußballerfahrung zu tun", sagt Rösch. "Die Rückmeldung der Spieler ist sehr entscheidend für den Belastungsaufbau. Sie sollen ihr Körpergefühl noch besser entwickeln und daraus selbst mitentscheiden, was trainiert wird.“ Gerade diese Phase ist in der Rehabilitation recht sensibel. "Es geht darum, den Spielern nach der Verletzung langsam die Angst zu nehmen und Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit zurückzugeben." Kleine Übungen wie Jonglieren und Tricksen mit dem Ball, die vor der Verletzung eine eher lächerliche Anforderung waren, vermitteln den Verletzten plötzlich ein gutes Gefühl. Im Idealfall geht es kontinuierlich bergauf. Irgendwann kann und vor allem will der Spieler wieder ins normale Mannschaftstraining einsteigen.

Eine Frage des Könnens

Jeden Morgen findet an Trainingstagen eine medizinische Besprechung statt, an der alle Athletiktrainer und Physiotherapeuten sowie einer der Teamärzte teilnehmen. "Jeder Spieler wird besprochen, auch jene, die fit sind. Mögliche Überlastungen, die Puls- und Laufwerte und Monitoring-Ergebnisse werden analysiert", schildert Rösch. Bei den Übungen auf dem Platz wirft er ein kritisches Auge auf seine Spieler. Läuft er rund? Hält er sich bei bestimmten Bewegungen zurück, ohne dies selbst zu bemerken? Dazu gibt es Tests, mit deren Ausführung sich prüfen lässt, ob ein Spieler wieder "ready to sport" ist – diese sind eng abgestimmt mit der Reha und etwa dem OS Institut in München.

"Letztlich kann ich entscheiden, wann sie wieder zum Mannschaftstraining zurückdürfen", sagt Rösch. "Aber praktisch entscheiden wir im Team. Das macht uns stark: Trainer, die Physios und der Arzt sind in sehr engem Austausch. Und die Selbsteinschätzung ist auch nicht zu vergessen." Rösch und die anderen Experten bei der TSG setzen alles daran, dass die Spieler nach Verletzungen schnell und gleichzeitig stabil zurückkehren. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, die Rösch gern ausfüllt – und die ihn ausfüllt: "Es ist oft eine Gratwanderung, den Druck einer schnellen Rückkehr mit einem stabilen und verletzungsresistenten Zustand zu verbinden. Aber bis jetzt haben wir Glück gehabt." Es ist viel mehr als das: Es ist auch eine Frage des Könnens. Und der Erfahrung.

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