Alle Ergebnisse TSG eSPORTS TSG IST BEWEGUNG TSG Radio
SPIELFELD
17.07.2017

Alexander Rosen: "Habe ein Gespür für Menschen"

Alexander Rosen ist auch in der Sommerpause viel beschäftigt. Der Manager der TSG stellt in enger Kooperation mit Julian Nagelsmann den Kader für die nächste Bundesliga- Saison zusammen. Im Interview spricht er über das Transfergeschäft, den Imagewandel der TSG durch eine Philosophie der Vernunft und warnt zugleich vor den möglichen Auswüchsen des Geschäfts. Für die Saison 2017/18 sieht Rosen das TSG-Team sehr gut gewappnet.

Du hast im Juni deinen Vertrag bei der TSG bis 2020 verlängert, Trainer Julian Nagelsmann unterschrieb sogar bis 2021. War dies auch ein Zeichen gegenseitiger Wertschätzung?

Alexander Rosen: Zwischen uns herrscht ein besonderes Vertrauen, größter gegenseitiger Respekt und darüber hinaus verstehen wir uns auch neben dem Fußball sehr gut, was in diesem Geschäft zwar keine zwingende Voraussetzung ist, aber sicher noch einmal einen positiven Effekt hat. Es ist schon eine besondere Situation, dass wir gemeinsam die erfolgreichste Saison der TSG-Geschichte gestalten konnten, uns so lange kennen und schon in Zeiten zusammengearbeitet haben, in denen wir nicht im Profi-Fußball, sondern in der achtzehn99 Akademie tätig waren. Zwischen uns gibt es viel Deckungsgleichheit und trotzdem eine gute Diskussionskultur. Aber es ist unwahrscheinlich, dass der eine A sagt und der andere Z, vielleicht mal E oder F (lacht).

Wirkt die ausgezeichnete Beziehung zwischen Manager und Trainer in den Klub hinein?

Rosen: Unser Verhältnis ist von großem Vertrauen geprägt und Vertrauen entwickelt Leistung. Ich bin absolut davon überzeugt, dass Spieler spüren, wie die Verantwortlichen zusammenarbeiten und wie die Stimmungslage im Umfeld eines Klubs ist und ich zweifle nicht daran, dass dies einen außerordentlichen Einfluss auf die Leistung der Mannschaft hat. Positiv wie negativ gilt: Entwicklungen im Klub machen vor der Kabinentür nicht halt. Wir haben bei uns meiner Meinung nach ein außergewöhnliches Arbeitsklima geschaffen. Das merken die Spieler und Mitarbeiter und daraus entwickelt sich ein besonderer Umgang, ein respektvolles Miteinander und die Basis für Spitzenleistungen. Wir haben nachgewiesen, dass wir mit dieser authentischen und ehrlichen Arbeit sehr erfolgreich sein können.

Hattest du mit Julian Nagelsmann nach der erfolgreichen Saison mal einen gemeinsamen Moment, in dem ihr gedacht habt: Wow, was haben wir da erreicht?

Rosen: Mit Julian gab es einen kurzen Augenblick auf der Abschlussfeier. Persönlich hatte ich schon den einen oder anderen Moment, in dem mir bewusst wurde, was wir alle gemeinsam geleistet haben. Bei dieser Betrachtung hat auch die enttäuschende Hinrunde der Saison 2015/16 noch einmal eine nicht unwesentliche Rolle gespielt. Es ist im Rückblick ein besonderes Gefühl, dass wir auch in einer Krisensituation ruhig und stabil geblieben sind und damit den Grundstein für den aktuellen Erfolg gelegt haben. Wir haben damals unseren Weg nicht verlassen und der Lohn ist, dass wir zum ersten Mal in der Klubgeschichte international spielen dürfen.

Du hattest verschiedene Anfragen anderer Klubs. Was war ausschlaggebend für deine Vertragsverlängerung?

Rosen: Ich denke, dass es ganz normal ist, dass sich andere Klubs für einen interessieren, wenn man außergewöhnlich erfolgreich ist. Aber für mich war auch relativ schnell klar, dass mein Weg bei der TSG noch nicht zu Ende ist. Natürlich spielt dabei unser gemeinsamer Erfolg eine Rolle, aber ich schätze die Arbeit mit Julian, meinem Team und der Mannschaft wirklich sehr. Zu vielen Spielern und Mitarbeitern besteht ein enges Vertrauensverhältnis. Ich bin nun mittlerweile seit mehr als vier Jahren für die Lizenzspielermannschaft verantwortlich, das heißt jeder Spieler wurde von mir verpflichtet, aus dem Nachwuchs hochgezogen oder sein Vertrag wurde verlängert. Wir haben hier mittlerweile eine gewachsene Struktur mit vielen Experten und starken Typen. Es ist eine Freude hier zu arbeiten und ich glaube, ich habe ein gutes Gespür für Menschen und Teamstrukturen auf allen Ebenen. Sie werden hier wahrscheinlich niemanden finden, über den Sie sagen: 'Was ist denn das für ein Patient!?' (lacht). Ich habe einen hohen Anspruch an mich selbst im Hinblick auf ein wertebasiertes Führungsverhalten. Werte wie Ehrlichkeit, Vertrauen, Zuverlässigkeit, Ehrgeiz, Teamfähigkeit und Gerechtigkeit möchte ich vorleben und eine gewisse Lockerheit und viel Freude an der Arbeit gehören für mich ebenfalls dazu. Es war und ist ein großes Plus, dass wir diese Art von Umgang miteinander leben.

Wie wird es sich für dich auswirken, dass Hansi Flick das Team als dritter Geschäftsführer noch verstärken wird?

Rosen: Hansi wird dem Verein mit seiner Erfahrung auf und neben dem Platz noch einmal weiterhelfen. Er ist Kind der Region, er kennt die TSG aus seiner früheren Trainertätigkeit sehr genau. Für mich und meinen Arbeitsbereich verändert sich dabei nichts, die Rolle des Geschäftsführer Sport gab es ja vorher auch schon.

Die nächste Saison wird intensiv geplant, die Vorbereitung hat bereits begonnen. Wie laufen die Planungen rund um den Kader?

Rosen: Wir befinden uns inmitten einer sehr anspruchsvollen Transferperiode. Zum einen konkurrieren wir auf einem hart umkämpften Markt mit Gegnern, die teilweise völlig andere finanzielle Möglichkeiten haben. Zum anderen stehen unsere Spieler auch dieses Jahr wieder im Fokus anderer Klubs, was durch den Erfolg noch einmal potenziert wurde. Es gab ja praktisch keinen Spieler über den es in dieser Transferperiode kein Wechselgerücht gab. Aber das ist ohne Zweifel eine Bestätigung für die Arbeit, die hier auf allen Ebenen geleistet wurde und wird.

Du bist trotz der besonderen Anforderungen bislang zufrieden?

Rosen: Das bin ich. Die bisherigen Transfers sind auch ein Resultat der hervorragenden Zusammenarbeit mit Michael Mutzel (Anmerkung d. Red.: Leiter Scouting) und seinem Team und dem Vertrauen, das mir von Seiten der Geschäftsführung und des Gesellschafters entgegengebracht wurde. Wenn man im Detail auf unseren letztjährigen Kader blickt, so ist zwar festzustellen, dass wir zwei Stammspieler verlieren, aber trotzdem der Kern des erfolgreichen Teams erhalten bleibt. Darüber hinaus haben wir durch die langfristigen Vertragsverlängerungen von Baumann, Zuber, Demirbay, Amiri und zuletzt Wagner frühzeitig starke Zeichen gesetzt. Und es ist nicht davon auszugehen, dass unsere Spieler bei der intensiven Arbeit von Julian und seinem Team schlechter werden oder weniger erreichen wollen. Deshalb habe ich auch für die Zukunft ein gutes Gefühl.

Julian Nagelsmann hat im SPIELFELD-Interview erklärt, er rechne insgesamt mit rund sechs externen Zugängen. Ist der Plan noch aktuell?

Rosen: Ja, wobei die Zahl die Voraussetzung hatte, dass kein weiterer Spieler den Verein verlässt. Sollte es noch weitere Abgänge geben, kann diese Zahl natürlich noch variieren. Wir werden den Kader durch die Europapokal-Qualifikation aber nicht zu groß werden lassen, und wir werden weiterhin jungen Talenten die Türen öffnen. Wir arbeiten zudem an einem gesunden Wachstum, sowohl im Hinblick auf den Etat als auch auf die Transfersummen. Wer allerdings von uns erwartet, dass in Hoffenheim kurzfristig die ganz großen Transfers realisiert werden, der hat die TSG und die Philosophie des Klubs nicht verstanden. Wir können und werden auch nach einer besonderen Saison nicht mit denen mithalten können, die seit Jahren international spielen und über finanzielle Möglichkeiten verfügen, die mit unseren nicht einmal im Ansatz vergleichbar sind.

Ist der Transfermarkt schwieriger geworden als früher?

Rosen: Es ist anspruchsvoll, aber es gibt für mich keinen Grund zu jammern. Früher gab es die Top Sechs, nun ist Leipzig mitseinen finanziellen Möglichkeiten dazugekommen, auch wenn dort manchmal der Schein erweckt werden soll, die Spielerwürden fast ehrenamtlich spielen. Also gibt es nun sieben Klubs, die sich bei den Ausgaben für den Lizenzspieleretat in einer anderen Liga bewegen. Diese Kennziffer war in der Vergangenheitdie einzig messbare Vergleichsgröße für sportlichen Erfolg. Die TSG Hoffenheim hingegen ist jedes Jahr auf ein Transferplus angewiesen. Unsere Einnahmen aus Transferswerden nicht komplett reinvestiert. Wer glaubt: 'Die haben das Geld vom Süle-Transfer und das hohe TV-Geld, jetzt müssensie das investieren', vergisst, dass auch immer ein entsprechendes Gehaltsgefüge dahinter steht und die Realität leider nicht so abläuft wie im Fußballmanagerspiel auf der Konsole. Wir müssen unseren Lizenzspieleretat über Transfererlöse mitfinanzierenund dieser ist im Ligavergleich durchschnittlich und meilenweit entfernt von den erwähnten Top Sieben. Wir sind seit vier Jahren der Klub mit den meisten Transfergewinnen in der Bundesliga. Dass wir trotzdem sportlich erfolgreich sind, ist schon außergewöhnlich.

Setzt dich das auch unter Druck?

Rosen: Nein, weil wir jetzt schon wieder eine Spielergruppe haben, bei der ich mir sicher bin, dass wir alleine über die Vertragsverlängerungen hohe Marktwerte für die Zukunft gesichert haben. Man muss nur einmal an Spieler wie Nadiem Amiri oder Kerem Demirbay denken: junge, offensive deutsche Nationalspieler. Da kommt keiner auf die Idee, 'nur' zehn Millionen zu bieten. Nun arbeiten wir daran, gleichzeitig weiteres Potenzial zu gewinnen und den sportlichen Erfolg auf höchstmöglichem Level zu halten. Früher mussten wir mit den Ablösesummen von einzelnen Ausnahmespielern wie Firmino oder Volland den Unternehmensumsatz finanzieren und hätten ein gravierendes Problem gehabt, wenn sich einer von beiden verletzt hätte. Aktuell stellt es sich so dar, dass wir über eine Vielzahl an Spielern mit konkreten Anfragen verfügen, die alle in den achtstelligen Bereich gehen. Wenn wir wollten, könnten wir problemlos Transfererlöse zwischen 50 und 100 Millionen Euro generieren. Das wollen wir natürlich nicht, aber die Tatsache, dass wir Spieler mit diesen Marktwerten in unserem Kader haben, ist unter der Berücksichtigung des Mitteleinsatzes ohne Zweifel außergewöhnlich und eine Bestätigung unserer Arbeit.

Trägt diese mit Weitsicht vorgenommene Kaderplanung zum Imagewandel der TSG bei?

Rosen: Davon bin ich überzeugt. Gleichwohl man ergänzen muss, dass sich die Wahrnehmung der TSG schon gravierend geändert hat. Sowohl bei der Ligakonkurrenz als auch in den Medien ist das Bild der TSG klar gezeichnet: Anders als früher reden wir nicht nur über unseren Weg, sondern wir setzen ihn aktiv um. Ein weiterer Beleg, dafür sind unsere vielen jungen Talente. Wir integrieren seit Jahren ligaweit mit die meisten Jugendspieler in den Profikader. Dazu gehört nicht nur ein klarer Plan, sondern auch viel Mut – beides ist Teil eines strategischen Kadermanagements.

Mittlerweile wird in diesem Geschäft mit horrenden Summen jongliert. Wie gehst du mit diesen Zahlen um?

Rosen: Es gibt manchmal den Moment, da kommst du aus einer Verhandlung und fragst dich: Über was rede ich hier eigentlich und was könnte man mit all dem Geld eigentlich bewirken? Auf der anderen Seite ist das nun einmal das Geschäft und die Spieler bilden eine besondere Gruppe von – nennen wir sie Künstler –, die im Mittelpunkt stehen und ohne die es dieses absolute Premiumprodukt überhaupt nicht geben würde. Das Geld ist im Markt und die Jungs haben auch nur eine begrenzte Zeit, in der sie auf diesem Niveau Fußball spielen und somit die Zuschauer unterhalten können. Vor diesem Hintergrund sehe ich die Summen eher als eine Art Tauscheinheit.

Wie beurteilst du diese Entwicklungen? Geht der Boom noch weiter?

Rosen: Das glaube ich schon, zumal im nächsten Jahr der neue TV-Vertrag greift. Am Beispiel der Premier League sieht man am deutlichsten, dass das in den Markt fließende Geld nicht auf die Konten gelegt, sondern direkt wieder verteilt wird. Darauf basierend entwickelt sich wieder ein Wettkampf und die Beträge wandern in Ablösesummen und Gehälter. Um mitzuhalten wird jeder Klub auf seinem Niveau das Geld auch wieder verteilen.

Besteht die Gefahr, dass das Rad bald einmal überdreht ist?

Rosen: Wir müssen aufpassen. Das Rad ist kurz davor zu überdrehen. Der Terminplan wird immer absurder und ich glaube, dass man die Menschen nicht mit Reizen komplett überfluten darf. Dadurch geht das Besondere verloren und auch durch so surreale Geschichten im Hintergrund, wie zum Beispiel Transferbeteiligungen von Beratern im achtstelligen Bereich entsteht eine immer größer werdende Distanz. Das verstört die Menschen zurecht und es entfernt sie vom ursprünglichen Kern, nämlich dem Spiel an sich. Noch haben wir Wachstumsraten und es ist unsere Aufgabe dieses Niveau zu halten, ohne dabei die Liebe zum Spiel zu verlieren.

Wie lautet dein sportlicher Ausblick auf die neue Saison mit der ersten Europapokal-Teilnahme?

Rosen: Wir gehen wieder sehr ehrgeizig und ambitioniert in die Saison und eines möchte ich ausdrücklich unterstreichen: Wir freuen uns sehr auf das internationale Geschäft. Wir gehen nicht schon mit einer Warnung an den Start nach dem Motto: 'Jetzt haben wir aber die Mehrfachbelastung, mal sehen, ob es überhaupt möglich ist diese zu stemmen…'. Nein! Wir stellen keine Warnung vor die Freude und sichern uns für den Fall ab, dass es nicht laufen könnte. Wir wollten dahin, haben ein Jahr alles dafür getan und jetzt freuen wir uns darauf. Natürlich haben wir alle den notwendigen Respekt vor dieser Herausforderung, aber ich habe großes Vertrauen in unser Trainerteam, in unsere Mannschaft und in den ganzen Klub und bin sehr zuversichtlich, dass wir wieder eine gute Saison spielen können.

Jetzt Downloaden!
Seite Drucken nach oben