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SPIELFELD
01.11.2016

Frank Briel über Wachstum

Frank Briel, Geschäftsführer Finanzen & Organisation der TSG Hoffenheim Fußball Spielbetriebs GmbH, und sein Team haben die Bilanz für die Saison 2015/16 vorgelegt, die den Klub mit einem Rekord auf ein neues Niveau hebt. Die Strategie der Geschäftsführung, die TSG wirtschaftlich auf eigene Füße zu stellen, geht auf.

Herr Briel, im Oktober haben sie und ihr Team den Finanzbericht für die Saison 2015/16 fertig gestellt. Es war schon früh abzusehen, dass das Ergebnis erfreulich sein würde. Wie sieht der Jahresabschluss konkret aus?

Frank Briel: Wir haben die Saison 2015/16 mit einem Rekordergebnis abgeschlossen, sowohl was den Umsatz als auch das Betriebsergebnis angeht. Wir haben mit der Fußball-Spielbetriebs GmbH etwas mehr als 128 Millionen Euro umgesetzt und dabei einen Gewinn von 18,1 Millionen Euro erwirtschaftet. Das ist ein sehr gutes Ergebnis.

Das ist ein Riesensprung beim Umsatz, der vor Jahresfrist noch bei 71,5 Millionen Euro lag. Ist er allein auf die Transfererlöse zurückzuführen?

Briel: Wir sind stolz auf die Entwicklung, werden deshalb aber auch nicht abheben, denn wir wissen, woher dieses Wachstum stammt. Sehr positiv ist, dass wir in allen Umsatzkategorien ein Wachstum verzeichnen konnten. Die einzige Ausnahme bildeten die DFB-Pokal-Einnahmen durch das frühe Ausscheiden bei 1860 München. Der größte Teil des Umsatzwachstums stammt jedoch aus den Transfererträgen mit einem sensationellen Ergebnis von mehr als 56 Millionen Euro.

Damit hat auch der Gewinn eine außergewöhnliche Größenordnung erreicht. Wie bewerten Sie die Entwicklung?

Briel: Für unsere junge Bundesliga-Historie haben wir ein herausragendes Ergebnis erzielt. Der Treiber war wie erwähnt der außerordentlich hohe Transferertrag, der insbesondere durch den Abgang von Roberto Firmino, aber auch anderen Spielern wie Anthony Modeste, Andreas Beck oder Jannik Vestergaard realisiert werden konnte. Fakt ist aber auch, dass das Geschäftsjahr 2014/15 stark defizitär war. Daher muss man diese beiden Ergebnisse gewissermaßen im Zusammenhang sehen. In den vergangenen Spielzeiten haben wir temporäre Jahresfehlbeträge in Kauf genommen, um durch gezielte Investitionen die Basis für zukünftige Transfererträge zu legen. Wir sind damals auch nicht nervös geworden und haben den sportlichen sowie wirtschaftlichen Wert unseres Kaders sukzessive weiterentwickelt. Es ist schön zu sehen, dass die Businesspläne aufgehen und dass der Weg, den wir beschreiten, sich auch betriebswirtschaftlich auszahlt. Wenn wir junge Spieler entwickeln, aus Talenten dann Toptalente machen, werden Transfers eine wichtige Ertragssäule des Klubs darstellen. Die erzielten Transfererlöse haben wir zu einem Teil wieder in sehr interessante Spieler investiert und zum anderen Teil für die weitere Stärkung des Eigenkapitals des Klubs verwendet. Wir sehen der Zukunft optimistisch entgegen.

Können sie denn nun nach der zweiten finanziell positiv verlaufenen Saison zu Herrn Hopp gehen und ihm sagen, sie müssen künftig nichts mehr zuschießen?

Briel: Das ist unser aller Ziel. Gleichwohl ist so etwas nur schwer vorherzusagen in einer Industrie wie dem Profifußball, die nicht nur Außenstehenden zuweilen surreal erscheinen kann und die eine derart hohe Abhängigkeit von der sportlichen Entwicklung der Lizenzmannschaft hat. Zuletzt hat zum Beispiel der VfB Stuttgart erfahren müssen, dass ein Abstieg unweigerlich auch ein Absturz in der Gewinn- und Verlustrechnung bedeutet. Dieser ist in der Regel nur aufzufangen, indem Tafelsilber verkauft oder diese Phase durch Zwischenfinanzierungen und besondere Unterstützungsleistungen durch Partner und Sponsoren überstanden werden können. Unbestreitbar ist es, dass sich der Profifußball in Hoffenheim mit der exzellenten Infrastruktur und seinem gesamten Konzept dauerhaft nur in der Bundesliga wirtschaftlich tragen kann. Bemessen an unseren Möglichkeiten muss unser Anspruch die Tabellenregion zwischen Platz 8 und 12 sein. Wenn wir uns in dieser Bandbreite bewegen und wir konsequent an unserer Philosophie – der Entwicklung hochtalentierter, junger Spieler – festhalten, kann sich das Unternehmen selbst tragen.

Wie kann die TSG Hoffenheim das gute Ergebnis verstetigen? Wie viel Transfererträge werden jeweils benötigt, um eine ausgeglichene Bilanz zu erreichen?

Briel: Sinn und Zweck des Profifußballs bei der TSG ist es nicht, regelmäßig Rekordergebnisse auszuweisen, sondern eine finanzielle Grundlage zu entwickeln, die Handlungsspielräume gewährt. Nach der Anschubfinanzierung durch Dietmar Hopp haben wir die Balance hinbekommen, das Geschäftsmodell Profifußball auch in den Bilanzen in die richtige Richtung zu bringen. Wir werden auch in der aktuellen Saison 16/17 signifikante Transfererlöse durch die Abgänge von beispielsweise Kevin Volland, Jonathan Schmid oder Jannik Haberer in einer Größenordnung von voraussichtlich knapp 30 Millionen Euro ausweisen können. Auch das ist wieder ein außergewöhnliches Volumen. Aber man kann nicht seriös planen, dass wir in den nächsten Jahren regelmäßig 25 oder mehr Millionen Euro an Transfererträgen generieren. Es ist aber auch nicht unmöglich. Das Transfergeschäft ist relativ schwer zu prognostizieren.

Deswegen können sie auch nicht versprechen, dass der Klub weiter wachsen und schon in einem Jahr einen Umsatz von 135 Millionen Euro präsentieren wird?

Briel: Wir müssen den extremen Wachstumssprung, den wir aktuell vollzogen haben, relativieren und richtig einordnen, denn wir haben von den Transferaktivitäten ein ganz besonderes Jahr hinter uns. Wir bauen durchaus die Fantasie auf, dass wir in drei bis fünf Jahren dauerhaft Besonderheiten erleben. Aber uns darauf zu verlassen, wäre ein großes Wagnis. Deswegen ist es wichtig, dass wir auch auf anderen Geschäftsfeldern ein gewisses Wachstum beibehalten. Es gibt auch deutlich planbarere Komponenten in unserer Bilanz. Die Medienerlöse sind ein wesentlicher Umsatzfaktor, der zukünftig einen noch höheren Stellenwert erfährt.

Was erwarten sie konkret bei den Einnahmen aus Fernsehrechten?

Briel: Mit Blick auf die nationalen Erlöse erwarten wir ein durchschnittliches Wachstum von rund 85 Prozent für die nächste Rechteperiode (2017 bis 2021). Die Einnahmen der DFL werden von durchschnittlich 628 Millionen pro Saison auf 1,15 Milliarden Euro steigen. Diese Wachstumssprünge kommen dem gesamten Fußball, also auch uns, zugute. Der endgültige Verteilungsschlüssel, um den ja lange öffentlich gestritten wurde, wird nun Ende des Jahres durch das DFL-Präsidium festgelegt.

Hat der umsichtig kalkulierende Kaufmann Frank Briel schon einmal ausgerechnet, was dann rauskommen könnte?

Briel: Wenn wir davon ausgehen, dass der Verteilungsschlüssel im weitesten Sinn bestehen bleibt, würde die Summe, die aus den nationalen TV-Erlösen zu erhalten ist, um zwölf bis 15 Millionen Euro klettern – vorausgesetzt wir bleiben auf unserem Platzierungslevel. Das ist aber alles im Konjunktiv. Unabhängig davon ist jeder höhere Tabellenplatz mit einer finanziellen Aufwertung verbunden. Ich bin daher wie viele meiner Kollegen sehr gespannt darauf, wie die Verteilung schließlich festgelegt werden wird. Noch bevor der Bär erlegt war, wurde ja bereits sehr intensiv darum gestritten, wie dessen Fell verteilt werden soll.

Nun sind Transfererlöse nur ein Teil - wenn auch ein besonders wichtiger – des Umsatzes. Wie sehr kann die TSG auf den anderen Feldern noch wachsen?

Briel: Wir haben Grenzen, weil wir schlicht und einfach limitierende Faktoren haben. Beim Ticketing können wir wegen der Kapazität des Stadions nicht mehr als 30.000 Karten pro Spiel verkaufen. Momentan haben wir noch keine Vollauslastung, sondern ein Wachstumspotenzial von zehn bis 20 Prozent, ohne die Preise zu erhöhen, die für unsere Dauerkarteninhaber im Übrigen seit acht Jahren stabil sind. Im Businessbereich sind wir nahezu voll ausgelastet, sodass mit Blick auf die Hospitality nur noch geringe Zuwachsmöglichkeiten bestehen. Beim Sponsoring haben wir sicher mittelfristig gesehen noch ein Potenzial von 20 bis 30 Prozent. Auch im Merchandising bewegen wir uns auf einem Wachstumsfeld. Wir können also überall in einem gewissen Rahmen wachsen.

Wie hoch sind die prozentualen Anteile der einzelnen Bereiche eigentlich?

Briel: Für die abgelaufene Saison 15/16 machen Transfers rund 44 Prozent aus. Gut ein Viertel resultiert aus den Medieneinnahmen, elf Prozent betreffen die Spielbetriebserlöse, also die Ticketeinnahmen und das Hospitality. Rund 13 Prozent entfallen auf Sponsoring und Werbung, der Rest sind Merchandising und sonstige Erlöse.

Ist es ein realistisches Ziel, ohne die Transfererlöse dauerhaft einen Umsatz von 100 Millionen Euro oder mehr pro Saison zu erzielen?

Briel: Es muss sogar unser Ziel sein, die 100-Millionen-Euro-Schwelle auch ohne Transfererlöse dauerhaft zu erklimmen. Der neue Medienvertrag wird uns noch einmal ein erhebliches Wachstum bescheren. Alle anderen Geschäftsfelder können vor allem dann wachsen, wenn unsere Bundesliga-Mannschaft weiterhin so auftritt wie aktuell. Wir sind davon überzeugt, dass der Klub dauerhaft wieder anders wahrgenommen wird, da wir doch wieder recht konsequent den neuen, alten Hoffenheimer Weg gehen. Somit können wir eine Renaissance erleben, die sich sicherlich auch wirtschaftlich positiv bemerkbar machen wird.

Der sportliche Erfolg, also der Tabellenplatz, ist ein wichtiger Umsatztreiber. Gute Platzierungen werden belohnt. Ändert sich daran mit dem neuen TV-Vertrag etwas?

Briel: Der Stellenwert der Medienerlöse wird in den Bilanzen der Bundesligisten immer wichtiger. Wer drei bis fünf schlechte Jahre hat, hängt schnell mit etlichen Millionen Defizit hintendran. Das ist für alle Bundesligisten unterhalb der Top Vier, die die zusätzlichen Einnahmenquellen der Champions League haben, extrem herausfordernd. Die Platzierungen in der Bundesliga sind enorm wichtig, sie sind mit ganz anderen Margen verbunden als die der anderen Bereiche. Ein Platz Unterschied in der Geldrangliste, nach der die TV-Einnahmen verteilt werden, kann schnell anderthalb Millionen Euro ausmachen. Dafür müssten schon sehr, sehr viele Trikots oder Tickets verkauft werden, um dieses aufzufangen.

Die Ausgaben für den Profikader, den Lizenzspieler-Etat, ist eine Größe, die über die Kostenstruktur eines Klubs interessante Hinweise gibt. Wo liegen diese bei der TSG?

Briel: Für die Gesamtpersonalkosten gibt es ein Richtwert aus dem Bundesliga-Report, den die DFL jährlich veröffentlicht. Die gesunde Personalkostenquote liegt demnach bei etwa 40 Prozent. Wir lagen in den vergangenen Jahren etwas darüber, im vergangenen und in diesem Jahr unterschreiten wir den Wert. Wir liegen mit unserer Quote im Mittelfeld der Bundesliga zwischen Platz 9 und 11.

Lässt sich insgesamt feststellen, dass die TSG Hoffenheim in der Bundesliga auch wirtschaftlich eine stabile Größe ist?

Briel: Wir sehen, dass unser Plan aufgeht. Das hat viel mit Stabilität zu tun. Wir bekommen zunehmend auch Anerkennung aus der Branche und auch die Wahrnehmung der TSG scheint sich zu ändern. Allenthalben ist zu hören und zu lesen, dass die Arbeit in Hoffenheim sehr solide ist, aus Mainz war zu hören, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen. Entgegen den früheren Unkenrufen, dass Dietmar Hopp so viel Geld investieren wird, bis irgendwelche Titel gewonnen werden, wirtschaften wir seriös und vernünftig. Unser Konzept wurde mit Inhalt und Leben erfüllt, wir lassen den Worten auch Taten folgen. Wir haben eine herausragende Infrastruktur, in der eine herausragende Jugendarbeit betrieben wird. Wir sind innovativ und ein Klub zum Anfassen. Das darf uns ein wenig stolz machen, allerdings kann man sich im harten Wettbewerb der Bundesliga nie ausruhen.

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