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24.03.2016

Dallas Cup, Tag 9 / Trauer um den "König"

Die Nachricht vom Tod Johan Cruyffs erreichte Dallas in den frühen Morgenstunden Ortszeit. Für die Spieler, die den „König“ wenn überhaupt nur als Trainer kannten, war es ein ganz normaler Tag, an dem sie nach dem Aus beim 37. Dallas Cup spiel- und trainingsfrei waren. Das Funktionsteam der TSG Hoffenheim, das den niederländischen Weltklasse-Spieler zum Teil noch zu seiner aktiven Zeit erlebt hatte, verabschiedete sich hingegen von einem Stück Kindheit.

Hendrik Johannes, genannt Johan, Cruyff hat den modernen Fußball sowohl als Spieler als auch als Coach geprägt wie kein anderer. In Amsterdam geboren und im Stadtteil Betondorp, einen Steinwurf vom alten Ajax-Stadion entfernt, aufgewachsen, kam er als kleiner Junge mit dem Traditionsklub in Berührung, weil seine nach dem Tod des Vaters alleinerziehende Mutter dort als Putz- und Kantinenfrau arbeitete. Der Dribbelkönig, Fußball-Feingeist und Kapitän führte Ajax in den 1970ern zu drei Europapokal-Siegen in Folge, brachte „Oranje“ auf die internationale Fußball-Landkarte und prägte später als Trainer nicht nur die berühmte Ajax-Schule, sondern brachte die weltweit bewunderte Philosophie des „voetbal totaal“ auch nach Spanien.

Dem FC Barcelona und seiner Jugendakademie „La Masia“ impfte er die offensive niederländische Spielweise ein, gewann mit den „Blaugrana“ unzählige nationale und internationale Titel und ist als Urheber der nachhaltigen Erfolge Barças, die zudem in Einklang mit attraktivem Spiel stehen, anerkannt. In der katalanischen Hauptstadt ist der „König“ – den sie in Spanien aufgrund seiner Statur „El Flaco“, den Mageren, nannten – nun im Alter von 68 Jahren an Lungenkrebs gestorben.

Ausflug in die Allen Premium Outlets

Abschied nehmen hieß es in Dallas auch von den angeschlagenen Spielern Robin Hack und Matthias Stüber, die gemeinsam mit Co-Trainer Florian Kneuker frühzeitig den Heimflug nach Deutschland antraten. Zuvor waren die Drei mit dem Rest des Teams noch in den Allen Premium Outlets nördlich von Dallas unterwegs, um einige Souvenirs aus Texas mit in die Heimat zu nehmen.

Den „American Way of Life“ haben die Hoffenheimer mittlerweile bestens kennengelernt. Der reicht von nach Chlor schmeckendem Eis in allen Getränken über die Spritschlucker-Autos und dem Sirenengeheul in der Nacht bis hin zu der schier unendlichen Ansammlung an Highways, Shopping-Malls, Fast-Food-Ketten und Restaurants. Im Supermarkt, in dem das Funktionsteam an Spiel- und Trainingstagen Wasser und Bananen für die Jungs kauft, steht im Eingang ein „People Greater“, der – die Bezeichnung lässt es erahnen – die Kunden freundlich begrüßt.

Auch wenn dem Besucher die texanische Gastfreundschaft regelmäßig entgegenschlägt, geht es in diesem Ballungsgebiet nicht immer sehr kuschelig zu. In Addison, wo sich die Teamzentrale befindet, wurde dieser Tage ein Polizist festgenommen, der zwei Jugendliche bei einem Einbruch ertappte und einen von ihnen erschossen haben soll. Beide hatten einen lateinamerikanischen Hintergrund.

Spanische Wurzeln

Die ursprüngliche Siedlung um das heutige Dallas stand bis 1821 unter spanischer Herrschaft und gehörte nach der Loslösung der Vereinigten Mexikanischen Staaten von Spanien zunächst zu Mexiko. Nach der Stadtgründung 1841 und der Annexion von Texas durch die USA vier Jahre später erhielt Dallas 1856 Stadtrecht und wurde zur Jahrhundertwende zu einem Handelszentrum für Baumwolle, Getreide und Büffelprodukte. Seit der Entdeckung von Erdöl 160 Kilometer östlich von Dallas stieg die Stadt zum Zentrum der Ölindustrie auf und erfuhr in den 1970er Jahren – parallel zu Cruyffs Glanzzeiten auf dem alten Kontinent – einen wahren Bauboom. Beide Elemente bildeten den Kern der 80er-Jahre-Serie „Dallas“ um den Bösewicht J.R. Ewing. Traurige Berühmtheit erlangte Dallas am 22. November 1963, als der damalige US-Präsident John F. Kennedy bei einer Eskorte durch die Innenstadt in seinem Auto erschossen wurde. Die Aufnahmen eines Amateurfilmers gingen anschließend um die Welt, 1992 erhielt der ein Jahr zuvor erschienene Film „JFK“ von Regisseur Oliver Stone zwei Oscars.

Als 1968 die NASL, die in Europa als „Operettenliga“ belächelte „North American Soccer League“ gegründet wurde, wurden mit ihr in den USA und Kanada viele Profiklubs aus dem Boden gestampft. Unter ihnen auch „Dallas Tornado“, die 1971 die NASL-Meisterschaft gewannen und 1982 wieder ausgelöscht wurden. Im Herbst seiner Karriere, als er für die Washington Diplomats und die Los Angeles Aztecs auflief, zeigte Cruyff daher auch in Dallas seinen begeisternden Spielstil.

Heute zählt die Stadt knapp 1,2 Millionen Einwohner, mit dem gesamten Ballungsgebiet und seinen kleineren, ohne erkennbare Grenzen ineinander übergehenden Vorstädten sind es sogar knapp 7,1 Millionen, was den Großraum Dallas hinter New York, Los Angeles und Chicago zur viertgrößten Metropole der Vereinigten Staaten macht.

Vorbereitung auf den VfB beginnt

Die Hoffenheimer verbrachten den Rest des Tages nach dem Ausflug in das Outlet-Center mit ihren Gastfamilien. Für den Freitagvormittag hat Trainer Matthias Kaltenbach eine Trainingseinheit angesetzt. Die Vorbereitung auf die Restrückrunde in der Bundesliga Süd/Südwest startet in Dallas. Am 5. April bestreiten die Hoffenheimer nach der Dallas-Cup-Pause beim VfB Stuttgart ihr erstes der abschließenden sechs Saisonspiele, in denen sie einen Zwölf-Punkte-Vorsprung über die Ziellinie retten müssen, um sich für das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft zu qualifizieren. In Stuttgart dürfte Kaltenbach dann personell wieder fast aus dem Vollen schöpfen können.

Für den U19-Trainer, der durch mehrere Urlaube als Kind und Jugendlicher einen besonderen Bezug zu den Niederlanden hat und der bekennender Anhänger der Johan-Cruyff-Schule ist, war gestern ein trauriger Tag.

 

Alle Tage im Überblick:

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