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MÄNNER
12.10.2018

"Jammern gehört nicht zu unserer Mentalität"

Im Interview mit achtzehn99.de spricht Alexander Rosen, Direktor Profifußball bei der TSG Hoffenheim, über die aktuelle Situation des Klubs.

Alexander Rosen, die Bundesliga-Pause gibt auch den Verantwortlichen die Gelegenheit, nach den aufreibenden Wochen mit sieben Spielen in 22 Tagen einmal durchzuatmen. Wie fällt das Zwischenfazit des Sportdirektors der TSG Hoffenheim aus? 

"Man muss den Auftakt von zwei Seiten her betrachten. Da wären zum Einen die reinen Ergebnisse und da steht fest: Das ist nicht das, was wir uns vorgestellt haben. Aber: Vor allem ist es nicht das, was möglich gewesen wäre aufgrund der gezeigten Leistungen. Da sind wir beim zweiten Aspekt: Wenn wir uns die Leistungen in den Spielen ansehen, dann waren die – mit Abstrichen vielleicht mal einiger Spielphasen – fast durchweg gut, teilweise sogar sehr gut. Erfrischender, attraktiver Offensivfußball, viele Torchancen. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass wir fußballerisch teilweise einen ansprechenderen Fußball spielen als in der gleichen Phase der Vorsaison. Das stimmt uns zuversichtlich."

Also ist die Nervosität im Klub nicht so groß wie manche meinen?

"Es gibt überhaupt keine Aufregung, wir sind absolut ruhig. Nicht im Sinn von tiefenentspannt oder gar schläfrig, sondern total fokussiert. Es gibt hier keine Brandherde, keine Fragezeichen, sondern nur ein lösungsorientiertes Miteinander. Mag sein, dass Außenstehende meinen, hier müsse doch jetzt Hektik aufkommen. Denen kann ich versichern: Hier gibt es keinen Nährboden für Gereiztheit, für Aufregung."

"Wir haben schon anspruchsvollere Phasen erlebt"

Wie begründet sich diese Sicherheit?

"Zum einen ist es ganz sicher auch der Kontinuität im Klub geschuldet. Alle Verantwortlichen arbeiten seit langem zusammen, wir haben hier schon vergleichbare und sogar noch anspruchsvollere Phasen erlebt. Das ist eine starke Basis, ein echtes Fundament. Aber es sind vor allem die Leistungen, die uns diese Gewissheit geben. In unserer ganzen Spielanlage und in der Art, wie wir Spiele dominieren und uns Chancen erspielen, da sind wir einen Schritt weiter als in der vergangenen Saison. Keine Frage: Wir kriegen es aus unterschiedlichen Gründen nicht wie gewünscht in positive Ergebnisse umgemünzt. Aber Sorgen oder gar Angst muss vor allem der haben, der nicht gut spielt und keine Chancen hat."

Sie sprachen von diversen Gründen für die noch fehlenden Erfolgserlebnisse. Dazu gehört auch das unglaubliche Verletzungspech.

"Das ist ein ganz entscheidender Punkt, den viele in der Bewertung oft unter den Tisch fallen lassen. Wie wir seit Saisonbeginn von Verletzungspech geplagt sind, ist wirklich hart und außergewöhnlich, vielleicht sogar einmalig. Aber wir haben nie geklagt, auch nicht, als uns zehn Spieler fehlten. Jammern gehört überhaupt nicht zu unserer Mentalität. Diese Situation anzunehmen, etwa mit einer derart jungen und unerfahrenen Abwehrreihe gegen Manchester City aufzulaufen und dann nah dran zu sein an einem Punkt gegen diese Star-Truppe – das ist etwas Besonderes. Das ist einer dieser speziellen Momente, in denen ich stolz bin, mit welcher Haltung, mit welchem Mut unsere Mannschaft diese Situation annimmt. Wie die Jungs das angehen, stimmt mich sehr positiv, dass wir das bald drehen."

"Julian will immer das Maximum"

Wie erleben Sie Trainer Julian Nagelsmann in dieser Situation? 

"Es ist außergewöhnlich und alles andere als selbstverständlich, wie Julian und sein Team mit diesen Nackenschlägen umgehen. Es wäre ja ein Leichtes für einen Trainer, dieses Verletzungspech bei jedem Gespräch als Begründung zu nehmen. Aber: Julian hat das nicht ein einziges Mal gemacht. Er vertraut den Jungs, die da sind – und er will immer das Maximum. Er lebt diesen Optimismus mit seinem Trainer- und Betreuerteam jeden Tag vor. Niemals aufgeben, aufstehen, immer weiter machen, auch wenn das Pech wie zuletzt am laufenden Band zuschlägt."

Nicht nur wegen des Themas Verletzungen läuft es nicht rund?

"Es ist ja schon fast grotesk, wie manche Spiele gelaufen sind mit Lattentreffern, bitteren Fehlschüssen und skurrilen Rettungsaktionen auf der Linie. Ständig hörte ich gegnerische Verantwortliche sagen: ‚Sorry, wir wissen auch nicht so genau, warum und wie wir hier gepunktet haben, aber wir freuen uns natürlich.‘ Das bringt uns natürlich keinen Punkt mehr und es ist anspruchsvoll für die Psyche, das immer wegzustecken, wenn du nicht belohnt wirst. Aber das ist eine Erfahrung von mir: Vor dem Fokus auf das Ergebnis kommt im Fußball die Leistung, wenn man dauerhaft erfolgreich sein will. Leistung bedingt mittel- und langfristig Ergebnis."

"Die Siege werden kommen"

Das bedeutet konkret?

"Es gab auch bei uns in den vergangenen Jahren schon Spiele, in denen wir erfolgreich waren, obwohl wir vielleicht gar nicht die bessere Mannschaft an diesem Tag waren. Und genauso gibt es – so wie jetzt – Partien, nach denen man nicht genau weiß, warum man sie eigentlich verloren hat. Aber auf lange Sicht resultieren aus Leistung auch immer Siege."

Also weiter machen, bis die Ergebnisse stimmen.

"Es gibt ja nicht diesen einen Grund, warum wir nicht wie gewünscht gepunktet haben. Da hat sich einiges addiert. Mal ist es ein überragender Torwart, fehlendes Spielglück, Inkonsequenz in einer entscheidenden Situation, das Momentum auf Seiten des Gegners, mal ein individueller Fehler. Doch unser Weg bleibt deshalb dennoch richtig. In der externen Bewertung wird fast alles vom Resultat abhängig gemacht. Gewonnen – alles gut. Verloren – Krise. Das ist wahrlich keine neue Feststellung und das kann man als Externer so machen, aber als Verantwortlicher muss ich es differenzierter betrachten. Keine Sorge: Wir wissen schon, dass Fußball auch ein Ergebnissport ist. Wir arbeiten dran, mit absoluter Leidenschaft. Und die Siege werden kommen. Da gibt es keinen Platz für Zweifel."

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