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SPIELFELD
09.05.2016

KV31 - Der Mann für magische Momente

Kevin Volland drehte in der Rückserie auf und trug dazu bei, die TSG von den Abstiegsrängen zu führen. Trotz Niederlage in Hannover haben er und seine Teamkollegen den Klassenerhalt nun gesichert. Parallel dazu jagt Volland einen Klub-Rekord und bewirbt sich durch seine Leistungen für ein EM-Ticket.

Kevin Volland hat schon viel erlebt. Als Privatperson etwa. Zum Beispiel in Südafrika, als er in einem Käfig ins Meer stieg, um von dort aus weiße Haie zu beobachten – von Angesicht zu Angesicht, unter Wasser, nur durch Gitterstäbe getrennt. Kevin Volland hat auch als Fußballspieler schon einige bemerkenswerte Momente erlebt. Knapp 130 Bundesligaspiele, 44 Junioren- und sechs A-Länderspiele. Emotionale Ausbrüche wie den Sieg im "Abstiegsendspiel" 2013 in Dortmund und den Triumph in der anschließenden Relegation gegen Kaiserslautern. Trotz der Vielzahl an Erfahrungen schaffte es ein Moment der jüngeren Vergangenheit, sich tief in die Erinnerungsdatenbank des 23-Jährigen einzutragen.

Rückblick. Es läuft die Nachspielzeit gegen den 1. FC Köln. Es steht 0:1. Torwart Timo Horn klatscht den Ball vor die Füße Vollands – und der Angreifer reagiert gedankenschnell. Per Fluggrätsche drückt er den Ball über die Linie. 1:1. Punkt Nummer 28. Niederlage abgewendet. Es folgt ein Jubelorkan, wie ihn die WIRSOL Rhein-Neckar-Arena selten erlebt hat. Ein kollektiver Ausbruch der Gefühle, der vom Rasen auf die Tribüne und wieder zurück schwappt. Im Freudenrausch sprintet Reserve-Keeper Jens Grahl in Usain-Bolt-Manier zum an der Eckfahne jubelnden Torschützen, herzt ihn und wird Sekundenbruchteile später selbst von Nadiem Amiri und Teammanager Timmo Hardung fast erdrückt. Ein TSG-Spieler nach dem anderen springt auf das Jubelknäuel um den glückseligen Volland, dessen Gesundheit durch die geballte Gefühlsexplosion seiner Mitspieler kaum weniger gefährdet war, als beim Tête-à-Tête mit den weißen Haien.

Volland überstand jedoch auch diese Ausnahmesituation unbeschadet – und hat sie als weitere Begegnung mit Wesen, die außerordentliche Kräfte besitzen, abgespeichert: "In der Bundesliga-Datenbank hat unser Teammanager Timmo jetzt bestimmt den Bestwert für den schnellsten Sprint aller Zeiten. Jens nicht, der war so schnell da, dass er gar nicht gesprintet sein kann. Er ist sowieso unmenschlich. Ich glaube, er kam wie ein Drache angeflogen."

"Dieser Punkt kann uns retten"

Auch Wochen danach ist Volland die Magie des Moments noch anzumerken. "In der Nachspielzeit in so einem Spiel zu treffen, ist einfach etwas Geiles. Die Partie war gelaufen und dann kommen wir zurück und setzen den Lucky Punch. Verlieren ist einfach scheiße. Dieser Punkt kann uns am Ende retten. Das Unentschieden war Gold wert, für uns und für die Fans, die diese Saison nicht viel zu feiern hatten." Bloß ein Tor, nur ein Sekundenbruchteil einer langen Saison. Und doch ein Moment von immenser Aussagekraft. Volland erachtet den Treffer als Musterbeispiel für die Veränderung im Team, das in der Hinrunde regelmäßig Punkte in der Schlussphase verschenkt hatte.

Die TSG in der Version Frühjahr 2016 ist kaum zu vergleichen mit dem Vorgängermodell aus dem Herbst und Winter, das nach 20 Spieltagen erst zwei Siege und 14 Punkte auf dem Konto hatte. Das Upgrade im Überschall-Tempo kam auch für Volland überraschend: "Ich hätte das in der Geschwindigkeit nicht für möglich gehalten. Aber Julian Nagelsmann hat uns Spaß und Vertrauen vermittelt. Wir spielen wieder frischen, selbstbewussten Fußball. Wenn wir alle zusammen einem Plan
nachgehen, spielt auch jeder Einzelne besser. Die offensive Spielweise passt zu uns. Nur hinten reinstellen war noch nie unser Ding. Wir haben uns gerade noch rechtzeitig auf unsere Stärken besonnen."

2009 schon Spieler unter Nagelsmann

Volland und Nagelsmann verhelfen sich gegenseitig zum Erfolg – wie schon im Jahr 2009. Damals spielte Volland bei den B-Junioren von 1860 München. Unter Trainer Alexander Schmidt – und Co-Trainer Nagelsmann. "Ich kenne ihn schon ewig. Er war damals schon ein super Typ: menschlich überragend, fachlich brutal gut und immer für einen Spaß zu haben." Als Nagelsmann zur TSG kam, verfolgte Volland den Weg des jungen Trainers gespannt, erlebte ihn bei der Rettung 2013 bereits als Co-Trainer: "Ich habe mich für ihn gefreut und ihm öfter geschrieben. Als er nun Cheftrainer wurde, wusste ich: Das passt wie die Faust aufs Auge." Große Unterschiede im Vergleich zu der Zeit in München hat er bei seinem Trainer nicht festgestellt. "Man konnte schon sehen: Er eifert keinem nach, hat eine klar erkennbare Handschrift und führt die Mannschaft überragend. Darum ist jetzt auch jeder hellwach und der Erfolg wieder da."

Volland steht exemplarisch für den Aufschwung. Drei Tore und fünf Vorlagen hat er in den ersten zehn Partien unter Nagelsmann erreicht. Zur Freude über die starke persönliche Bilanz kommt die Freude über die Entwicklung der furiosen Offensive um Andrej Kramaric, Mark Uth, Eduardo Vargas und eben ihn selbst. "Mir macht es riesig Spaß hier, die Spielweise ist jetzt wieder genau mein Ding."

"Ich genieße den Moment"

Durch das Formhoch im EM-Jahr kann er in naher Zukunft sogar noch einen Meilenstein erreichen – und Sejad Salihovic als besten Scorer der TSG-Geschichte ablösen. Die vorgelegte Marke von 78 Punkten zu knacken, würde Volland freuen: "Wenn ich mal 40 Jahre alt bin, kann ich meinen Kindern dann mal erzählen: Schaut mal, der Papi, der war damals gar nicht so schlecht. Aber ganz im Ernst: So eine Bilanz ist auch ein Zeichen dafür, dass man sich immer voll reinhängt für den Verein. Das mache ich – und darum freut es mich auch."

Andere Ziele haben aber Priorität. Eines davon ist nun erreicht. Der Klassenerhalt, daran ließ Volland keine Zweifel, stand an vorderster Stelle. Mit dem Verein, dem er nach dem Spiel gegen Köln noch einmal seine Liebe erklärte. Mit dem geschafften Ligaverbleib dürfte die Europameisterschaft in Frankreich auch wieder in den Fokus rücken. Die Teilnahme würde Volland viel bedeuteten, es wäre die erste an einem großen Turnier mit der A-Nationalmannschaft, dem Weltmeister. "Das bringt mich in meiner Entwicklung natürlich weiter. Dabei sein zu dürfen, wäre für meine Laufbahn sehr viel wert. Aber ich muss dafür im Klub performen. Und darum konzentriere ich mich momentan nur auf den Abstiegskampf. Wenn ich Buden mache und vorbereite, gibt es hoffentlich wieder eine Einladung. Bei der großen Konkurrenz ist das nie selbstverständlich." Klappt es nicht mit der EM, dann dürfte Kevin Volland sicherlich mit den deutschen Junioren zu den Olympischen Spielen nach Rio de Janeiro reisen.

Auf der Zielgeraden der Saison ist die Motivation also doppelt groß. Auf dem Platz und in Situationen wie beim 1:1 gegen den 1. FC Köln gibt es aber nur einen Gedanken – und der hat mit EM oder Olympia nichts zu tun: "Da genieße ich einfach nur den Moment und freue mich für die Mannschaft, den Verein und die Fans."

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