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CAMPUS
30.05.2014

Nach vorne schauen und Ziele verfolgen

Seit einigen Wochen trainiert der 1. Amputierten Fußball Club auf Einladung von „Anpfiff ins Leben“ regelmäßig auf der Anlage des Kinderzentrums der achtzehn99 AKADEMIE in Hoffenheim. Die gehandicapten Kicker trotzen ihrer schweren Behinderung und haben viel Spaß daran, dem runden Spielgerät nachzujagen. Achtzehn99.de hat eine Einheit des AFC besucht.

Frank Niechciol lehnt auf seinen Krücken am Geländer des Dietmar-Hopp-Stadions und wirft einen Blick auf den grünen Rasen. Es ist kurz vor 19 Uhr, das Training beginnt in wenigen Minuten, doch Niechciol ist noch nicht umgezogen und fast alleine. Nur ein Kollege steht noch bei ihm. „Wir kommen teilweise aus dem Frankfurter Raum und haben eine Anfahrt von über 100 Kilometern“, erläutert Niechciol, „da ist es für viele nicht so einfach, regelmäßig zu kommen.“ Regelmäßig, das heißt alle zwei Wochen, donnerstags. In diesem Abstand trainieren die Spieler des 1. Amputierten Fußball Clubs im Kinderzentrum (KidZ) der achtzehn99 AKADEMIE. Und regelmäßig ist insgesamt ein gutes Stichwort, denn bis vor kurzem hatte das Team keine Möglichkeit, irgendwo seinen Sport wieder und wieder auszuüben. „Anpfiff ins Leben“ hatte im Rahmen des neuen Projektes „Sport für Amputierte“ – ein Bewegungskonzept für Menschen mit Amputationen – eine Trainingsmöglichkeit gesucht und hier endlich einen Ort dafür gefunden.

Der AFC gilt als inoffizielle deutsche Nationalmannschaft für behinderte Fußballer. „Wir nennen uns aber ‚Nationale Auswahl‘, weil wir nicht dem DFB unterstehen“, erklärt Niechciol. Den Verein gibt es seit 2009, die Idee war bereits 2006 aufgekommen. Der AFC ist der einzige Verein dieser Art deutschlandweit. Die Spieler sind regelmäßig bei Turnieren in ganz Europa am Start oder vereinbaren Spiele mit anderen Nationen. Anfang März traten sie zwei Mal in den Niederlanden an. Endergebnisse: 1:1 und 0:1. Ein Spiel dauert 40 Minuten, bei zehn Minuten Pause. Sechs Feldspieler und ein Torwart stehen auf dem Platz.

Erstes Heimspiel in Planung

Um sich auf die Wettkämpfe gezielt vorzubereiten, treffen sie sich einmal im Monat irgendwo in Deutschland für ein Trainingswochenende – und nun auch immer wieder in Hoffenheim. Der Kontakt entstand über die Projektleiterin von „Sport für Amputierte“, Diana Schütz. Diana, die selbst oberschenkelamputiert ist, hatte Dominik Drobisch, den Leiter des Kinderzentrums, darauf aufmerksam gemacht, dass der AFC eine Stätte sucht, an der er regelmäßig trainieren kann. Er zögerte nicht lange und bot der Auswahl den Soccercourt im KidZ an. „Das ist für uns eine tolle Sache“, freut sich Niechciol, und denkt dabei auch an den Workshop Anfang April, an dem die Mannschaft ein ganzes Wochenende zu Gast in Hoffenheim und im Clubhaus FairPlay war.

Insgesamt umfasst der Kader des AFC 28 Mitglieder. Bei den Begegnungen und Turnieren sind meistens 14 Akteure dabei. Einige kommen allerdings aus dem Norden der Republik, für sie liegt das Training in Hoffenheim daher außer Reichweite. Der Rest ist froh über die Möglichkeit. Auch, um die Pläne des AFC nicht aus den Augen zu verlieren. Bisher war das Team nur in anderen Ländern aktiv. Das erste Länderspiel in Deutschland ist das Nahziel. Niechciol: „Das können wir vielleicht sogar in Hoffenheim bestreiten.“ Und wie sieht das Fernziel aus? Teamkollege Markus Streckmeier ergänzt: „So wie es ausschaut, wird Amputee-Soccer, wie der Sport offiziell heißt, 2020 olympisch. Das ist noch weit hin, wer weiß, was bis dahin passiert, aber im Auge behalten sollte man diesen Termin.“

Verstärkung erwünscht

Die Spieler des AFC mussten allesamt mit Schicksalsschlägen umgehen. „Etwa 70 Prozent von uns haben ein Bein bei einem Unfall verloren, etwa 30 Prozent durch Krebs“, erläutert Niechciol. Die Torhüter haben noch beide Beine, aber nur noch einen Arm. „Für uns gilt es aber, nach vorne zu schauen. Wir haben genauso viel Spaß am Fußball wie jeder andere auch. Deshalb verfolgen wir Ziele wie jeder Sportler.“ Und so läuft auch die Trainingseinheit an diesem Abend ab. Am Ende stehen sie zu viert auf dem Platz, zwei Spieler sind noch dazugekommen. Eins-gegen-eins-Übungen stehen auf dem Programm, Torschusstraining ebenso. Die AFCler ziehen ihr Pensum durch, obwohl sie keinen Trainer haben. „Es hat sich bisher keiner gefunden, wir sind aber weiterhin sehr daran interessiert.“ Und klar, der eine oder andere Mannschaftskollege mehr würde die Spielform ebenfalls bereichern. „Wir freuen uns über jeden, der sich uns anschließt“, betont Frank Niechciol.

Übrigens spielen auch Frauen regelmäßig beim Amputierten-Fußball mit. Für Informationen und Anmeldung steht Diana Schütz unter der Mail-Adresse d.schuetz@anpfiff-ins-leben.de gerne zur Verfügung.

Weitere Sportangebote für Menschen mit Amputationen oder mit angeborenen Gliedmaßen-Fehlbildungen finden Sie hier.

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