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FRAUEN
14.05.2014

Duale Karriere bei der TSG? "Das ist schon 'Best Practice'"

Seit vier Spielen hütet Alisa Vetterlein wieder das Tor der TSG. „Ich bin froh, wieder dabei zu sein“, sagt die 25-Jährige, die mehrere Wochen aufgrund einer Schulterverletzung aussetzen musste. achtzehn99.de unterhielt sich mit Vetterlein über Kreativität, duale Karriere und gegensätzliche Ziele.

Hallo Alisa, wie sind deine Freestyle-Qualitäten?

Alisa Vetterlein: (lacht) Freestyle ist eine Sache, die ich überhaupt nicht drauf habe. Ganz im Gegensatz zu meiner Schwester Laura. Die hat früher im Fußballkäfig mit den Jungs gekickt, sich einiges abgeschaut und angefangen, Tricks auszuprobieren. Ich bin in dieser Hinsicht aber absolut talentfrei.

Deine Schwester Laura hat also mehr Ballgefühl als du. Was sind deine Talente?

Vetterlein: Zumindest mit dem Fuß (lacht). Im Gegensatz zu meiner Schwester kann ich im Tor stehen. Es stimmt, dass ich nicht so kreativ bin. Dafür bin ich strukturiert und organisiert.

Zwei Töchter und beide spielen professionell Fußball. Wieso wurde es Fußball und nicht Ballett, Tennis, Reiten…?

Vetterlein: Wir haben beide schon immer gekickt. Angefangen hat es auf dem Schulhof. Und irgendwann bin ich heimlich mit den Jungs zum Fußballtraining gegangen. Meine Mutter hat sich gewundert, warum die Jeans immer dreckig ist. Schon bald konnten meine Eltern sich aber nicht mehr dagegen wehren. Anfangs waren sie etwas skeptisch und hatten die Einstellung: Du bist ein Mädchen, du spielst kein Fußball. Lange Zeit war ich im Schwimmen aktiv. Dann haben sie mich irgendwann doch angemeldet und gesagt: Wenn du Fußball spielst, musst du auch richtiges Training bekommen.

Neben deiner Fußballkarriere hast du studiert und deinen Bachelor kürzlich mit der Bestnote abgeschlossen. Wie hast du das geschafft?

Vetterlein: Es erfordert ein hohes Maß an Disziplin und Organisation. Oftmals hört man: Du bist ja nur Student. Aber in meinem Fall war es etwas komplett anderes. Mein Tag war von vorne bis hinten getacktet. Gerade in Wolfsburg, wo wir auch oft zweimal am Tag trainiert haben. Da ging es morgens ins Training, dann zum lernen, dann wieder in Training. Das ist auch eine Sache guten Zeitmanagements.

Wie wichtig ist dieses Zeitmanagement im Frauenfußball?

Vetterlein: Es ist immens wichtig. Im Frauenfußball hat das Thema „Duale Karriere“ einen sehr hohen Stellenwert. Wir Spielerinnen müssen zusehen, dass wir gut organisiert sind, um Fußball und Schule, Studium oder Beruf aufeinander abzustimmen.

Deine Bachelorarbeit hat sich mit dem Thema „Duale Karriere in der 1. Frauen-Bundesliga“ beschäftigt – Kannst du deine Sicht kurz zusammenfassen?

Vetterlein: Ich habe die Optimierungspotenziale in diesem System erforscht. Es hat sich gezeigt, dass da ein sehr großer Bedarf besteht. Das sehen auch die Spielerinnen in der Bundesliga so. Überraschenderweise sind die Spielerinnen sehr sensibel und wissen, dass duale Karriere sehr wichtig ist. Sie wünschen sich, dass mehr verbessert wird, dass es mehr Ansprechpartner innerhalb der Vereine gibt und die Strukturen besser werden.

Wo siehst du Lösungsansätze?


Vetterlein: Das Interessante ist, dass das Thema noch sehr viel Raum lässt, weiter zu forschen. Es ist wichtig, dass von oben noch mehr Strukturen geschaffen werden. Das können die Vereine nicht alleine leisten, aber auch nicht der DFB. Ich denke, es muss einen Schulterschluss geben, die Vereine und der DFB müssen sich austauschen. Es gibt aber kein grundsätzliches Konzept, weil jeder Verein anders aufgestellt ist und jede Spielerin etwas anderes braucht.

Wie lässt sich duale Karriere bei der TSG realisieren?

Vetterlein: Bei der TSG würde ich schon von „Best Practice“ sprechen. Ich habe davon zuletzt profitiert. Ich kam zum Ende meines Studiums nach Hoffenheim und wollte in den Beruf einsteigen. Da hat mir das Netzwerk von „Anpfiff ins Leben“ und Hoffenheim schon sehr geholfen. Hier vor Ort kann man sich sehr viel abgucken. Es ist wichtig, dass man mit dem Thema schon sehr früh – am besten bei den Juniorinnen - beginnt. Aber das funktioniert hier schon sehr gut. Die jungen Spielerinnen sind an den Eliteschulen bestens untergebracht und werden danach am Förderzentrum unterstützt. Ich denke aber auch, dass es noch wichtiger ist, die Spielerinnen abzuholen und ihnen zu helfen, wenn sie die Schule beendet haben. Denn das ist ein Wendepunkt, an dem viele nicht wissen, in welche Richtung es gehen soll.

Mit deinem Wechsel von Wolfsburg nach Hoffenheim hast du neues Terrain betreten: vom Meisterschafts- zum Abstiegskampf. Inwieweit musstet du dich umstellen?

Vetterlein: Es war eine ganz klare Umstellung und ein absolutes Kontrastprogramm zu dem, was vorher war. Ich hatte sehr gute und erfolgreiche vier Jahre in Wolfsburg. Das hier ist wieder ein neues Kapitel und ich musste mich erst einfinden. Die Spielweise ist eine andere, die Ziele sind andere. Es hat sicherlich seine Zeit gebraucht, aber mittlerweile bin ich angekommen.

Beide Ziele sind mit großen Emotionen verbunden. Was lösen die Ziele in dir aus?

Vetterlein: Für uns ist es wichtig, zu sehen, dass wir etwas erreichen können: den Verbleib in der höchsten Spielklasse. Das könnte uns Stolz machen. Bei allen Zielsetzungen, die wir hier haben, ist sehr viel Ruhe dabei. Das ist wichtig, um den Druck in Grenzen zu halten. Wenn man oben steht, können minimale Fehler die Meisterschaft entscheiden. Im Abstiegskampf hat man vielleicht immer noch eine kleine Chance mehr.

Im Abstiegskampf geht es eng zu. Was bedeutet die größere Leistungsdichte für den Frauenfußball?

Vetterlein: Ich hätte nicht erwartet, dass noch einige Vereine kurz vor dem Saisonende im Abstiegskampf dabei sind. Aber es zeigt eben auch die größere Leistungsdichte, es wächst alles zusammen. Ich finde das gut. Es macht den Frauenfußball attraktiver und ich glaube, dass es im nächsten Jahr noch enger wird. Auch an der Spitze ist es jetzt spannender. Es ist eine positive Entwicklung.

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