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AKADEMIE
01.03.2011

U17-Trainer Xaver Zembrod im Interview

Im achtzehn99.de-Interview spricht Xaver Zembrod über seine Zeit beim DFB, die Jugendarbeit in Hoffenheim und was sich seit seinem Dienstantritt alles verändert hat.

Xaver Zembrod, 44, stieß bereits im Mai 2007 zur TSG 1899 Hoffenheim, für die er in der Saison 1999/2000 noch selbst die Stiefel schnürte. Nach seiner aktiven Laufbahn, die ihm unter anderem bei den „World University Games" in Buffalo 1993 mit der deutschen Studentennationalmannschaft die Bronze-Medaille und anschließend die deutsche Vize-Amateurmeisterschaft 1995 mit den Stuttgarter Kickers bescherte, stieg er sofort ins Trainergeschäft ein und betreute zunächst die SG HD-Kirchheim, bevor er zum DFB wechselte - zunächst als Stützpunktkoordinator, später als Co-Trainer verschiedener U-Nationalmannschaften. Vor dreieinhalb Jahren führte der Weg des studierten Sportwissenschaftlers, Sportmediziners und Pädagogen wieder zurück in den Kraichgau. 2003 erwarb er die Fußball-Lehrer-Lizenz. Nach zwei Jahren U15, einem Jahr U16 und Koordinator des Aufbaubereiches ist er in dieser Saison für die U17 und als Koordinator des Leistungsbereiches verantwortlich.

Herr Zembrod, bevor Sie 2007 nach Hoffenheim kamen, haben sie fast sechs Jahre für den DFB gearbeitet. Können Sie Ihre Arbeit dort kurz umreißen?

Nach dem schwachen Abschneiden der Nationalmannschaft bei der EM 2000 wurde die DFB-Talentförderung neu aufgestellt. Bei diesem Projekt durfte ich mitwirken. Ich war unter anderem dafür verantwortlich, die zwölf DFB-Stützpunkte in Nordbaden aufzubauen, entsprechende Strukturen zu schaffen, geeignete Sportplätze und Trainer zu finden und natürlich eine jahrgangsgemäße, flächendeckende Jugendförderung zu konzipieren. Darüber hinaus habe ich Trainer aus- und weitergebildet und war Co-Trainer bei den Junioren-Nationalmannschaften von der U15 bis zur U17.


Fast zehn Jahre sind seit dem Start dieses Projekts vergangen. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Als wir anfingen, waren die Spieler, um die es ging, zwischen 10 und 14 Jahre jung. Die hohe Zahl an talentierten Jungs, die mittlerweile nach oben geschwemmt wird, ist Folge dieser Arbeit. Der DFB wollte im Juniorenbereich das Leistungsniveau erhöhen und dadurch in der Leistungsspitze breiter werden. Dieses Ziel wurde erreicht.


Sie haben 2003 Ihre Ausbildung zum Fußball-Lehrer absolviert und sind vier Jahre später nach Hoffenheim gegangen...

Korrekt. Neben meiner Arbeit beim DFB habe ich nebenbei beim Badischen Fußball-Verband die U14- und U15-Auswahl betreut und gemeinsam mit Verbandssportlehrer Roland Reichel die Ausbildung der Talente und Trainer vorangetrieben. Dann kam die Anfrage von Hoffenheim, das seine Ansprüche gesteigert hatte und ähnliche Strukturen installieren wollte, wie ich sie gerade beim DFB mit aufgebaut hatte.


Sie arbeiten nun schon im vierten Jahr in Hoffenheim als Jugendtrainer und sind zudem als Koordinator für den Leistungsbereich verantwortlich. Den Aufstieg von der Regionalliga in die Bundesliga haben Sie hautnah miterlebt. Was hat sich alles verändert in Hoffenheim?

Früher war das hier eine kleine Familie, heute ist es ein Großunternehmen. Die Mitarbeiterzahl hat sich drastisch erhöht. Ich freue mich, dass ich diese Entwicklung miterleben und -prägen durfte.


Welche Erfahrungen haben Sie hier gesammelt? Woran denken Sie besonders gerne zurück?

Ich habe viele Fachleute aus den verschiedensten Bereichen, aber auch andere Aufgabenfelder kennengelernt. Besonders gern denke ich an die ersten Stunden zurück, als wir im kleinen Kreis erörtert haben, was wir hier auf die Beine stellen wollen und dass wir uns einer Riesen-Herausforderung stellen dürfen. Im Förderzentrum von Zuzenhausen war das damals eine wirklich schöne und lehrreiche Zeit.


Wie würden Sie sich selbst und Ihre Fußball-Philosophie beschreiben?

Wenn ich an meine Anfangszeit als Trainer zurückdenke, schäme ich mich fast ein wenig. Ich dachte, vieles über Fußball zu wissen. Wenn ich die damalige Zeit mit meinem Training und Wissen von heute vergleiche, sind das Welten. Ich habe damals mehr oder weniger ins Blaue hinein trainiert. Meine Fußball-Philosophie richtet sich nach der momentanen und zukünftigen Ausrichtung des Spitzenfußballs. Der Fußball verändert sich andauernd, ich beobachte moderne Trends und versuche, das Wichtigste für mich und meine Arbeit abzuleiten. Dinge, die vor zehn Jahren wichtig waren, haben heute weniger Bedeutung. Ein Trainer lernt nie aus und sollte immer über den Tellerrand hinausschauen. Kommunikation und Vermittlungskompetenz sind dabei wichtige Faktoren meiner Arbeit.


Welche Philosophie favorisieren Sie derzeit?

Der spanische Fußball-Stil ist derzeit mein Leitbild. Nicht etwa nur, weil er erfolgreich ist, sondern weil er viel Wert auf eigenen Ballbesitz legt und der Schwerpunkt im technischen Bereich liegt.


Hat Sie einer Ihrer früheren Trainer entscheidend geprägt?

Ja, alle. Man versucht immer, von jedem das Beste für sich zu übernehmen. Wenn ich aber unbedingt einen Namen nennen muss: Die Zusammenarbeit mit Roland Reichel (Verbandssportlehrer beim Badischen Fußball-Verband, Anm. d. Red.) war sehr prägend. Wir haben gemeinsam viele Dinge entworfen und diskutiert.


Sie haben vor Ihrem Engagement in Hoffenheim als DFB-Stützpunktkoordinator für den Badischen Fußball-Verband gearbeitet und auch mehrere U-Nationalmannschaften als Co-Trainer betreut. Wo liegen die Unterschiede zwischen der Arbeit für einen Verband und in einem Verein?

Im Zeitaufwand und der täglichen Arbeit auf dem Trainingsplatz. Der ist bei einem Verein deutlich höher. Beim BFV habe ich eigenverantwortlicher gearbeitet und war mit mehr Kompetenzen ausgestattet, weil ich die Hauptverantwortung für alle Bereiche hatte. Ich hatte auch das Glück, von sehr kollegialen Verhältnissen und von Verantwortlichen wie etwa Siegfried Müller oder Ronny Zimmermann zu profitieren, die mich auch gegen Widerstände in den Kreisen unterstützt haben. Im Verein ist der Freizeitfaktor durch das tägliche Training, die Spiele, Turniere und meine Aufgaben als Koordinator viel geringer.


Sie haben schon mehrere Talente kommen und gehen sehen. Ist Ihnen jemand besonders in Erinnerung geblieben?

Da fallen mir natürlich viele ein, aber ich will jetzt nicht mit Namen heutiger Nationalspieler um mich werfen, die durch das DFB-Talentförderprogramm gegangen sind. Ich bleibe lieber im eigenen Haus und denke gerne an die Zeit mit Manuel Gulde, Pascal Groß und Marco Terrazzino aber auch Denis Thomalla zurück, die ich bei der BFV-Auswahl und DFB-Lehrgängen trainieren durfte. Auch mit Matze Jaissle frische ich regelmäßig alte Anekdoten auf - unsere Wege haben sich beim DFB gekreuzt.


Worin liegt der Reiz, mit talentierten Jugendlichen zusammenzuarbeiten? Können Sie sich generell eine Rückkehr in den Seniorenbereich vorstellen?

Als Jugendtrainer muss man sich aber darüber im Klaren sein, nicht im Rampenlicht zu stehen. Der Reiz liegt darin, die Jungs zu formen und vielseitig auszubilden. Die Entwicklungsverläufe vom Kind über den Jugendlichen bis hin zum Erwachsenen zu beobachten und zu begleiten, ist eine spannende Aufgabe. Ich bin jetzt abgesehen von einem kurzen Intermezzo 13 Jahre im Jugendbereich tätig und kann mir durchaus vorstellen, dass mich einer meiner nächsten Schritte in den Seniorenbereich führt.


Welche persönlichen Ziele haben Sie? Geben Sie sich mit der bloßen Weiterentwicklung Ihrer Jungs zufrieden oder sagen Sie: Mindestens soundso viele müssen den Sprung in den Seniorenbereich packen?

Ich möchte meine Spieler so nah wie möglich an ihr Leistungsoptimum heranführen. Im Jugendbereich lassen sich bei der Talentfrage immer nur Tendenzen und Perspektiven erkennen, die tatsächliche Entwicklung hängt dann von unzähligen Einflüssen - wie z.B. Verletzungen oder der Pubertät - ab, die sich vorher nicht bestimmen lassen. Mein Ziel ist es, dass ein Spieler, der es nicht in den Profibereich geschafft hat, sagen kann: „Ok, es hat nicht gereicht, aber ich habe alles dafür getan." Natürlich will ich meinen Teil dazu beitragen, dass so viele wie möglich den Sprung über unsere U23 zu den Profis schaffen. Der Sprung von der U19 in die U23, also vom Junioren- in den Seniorenbereich, ist dabei der schwerste.


In jüngster Vergangenheit gab es kritische Stimmen bezüglich der Jugendarbeit in Hoffenheim. Ärgert Sie das?

Das muss man sehr differenziert betrachten. Wenn man bedenkt, dass unsere Kader vor Jahren größtenteils aus Spielern bestanden, die bei anderen Lizenzvereinen keine Perspektiven hatten, aber trotzdem unsere Juniorenteams in die höchsten Ligen geführt und anschließend gehalten haben, dann hast du auch eine soziale Verpflichtung und Dankbarkeit den Spielern gegenüber. Außerdem waren diese Jungs auch schulisch und beruflich vor Ort verankert. Die meisten anderen Lizenzvereine haben uns gegenüber in der Nachwuchsförderung auf diesem Niveau einen jahrzehntelangen Vorsprung, den wir in den letzten Jahren doch beachtlich minimiert haben. Momentan haben wir mehrere Junioren-Nationalspieler und zum Beispiel bei den B-Junioren mit Ausnahme von Torwart Max Penz und Angreifer Albion Avdijaj ausnahmslos Spieler aus der erweiterten Region. Wir haben hier ein zufriedenstellendes nationales Leistungsniveau erreicht und ich glaube, dass die kommenden Jahrgänge das Potenzial haben, die von vielen Seiten geforderte Ernte einzufahren. Die TSG hat sich rasant entwickelt und sich in der Bundesliga in der vorderen Hälfte etabliert, da ist es für die Jugendlichen nicht einfach, gleich den Sprung ganz nach oben zu schaffen.


Kommen wir auf die aktuelle Saison in der B-Junioren-Bundesliga zu sprechen. Derzeit steht Ihr Team auf Platz fünf mit Tuchfühlung auf Rang drei. Wie lautet Ihr Fazit der ersten Saisonhälfte?

Mit der Platzierung kann ich natürlich nicht zufrieden sein, weil sie nicht unserem Leistungspotenzial entspricht. Aber ich kenne die Ursachen dafür und kann die momentane Situation gut einschätzen.


In den kommenden Wochen wartet ein volles Programm mit vielen Nachholspielen auf Ihre Jungs. Was haben Sie sich für die Rückrunde vorgenommen?

Wir müssen konstanter werden und vor allem unsere Torchancen besser nutzen. Zu Beginn haben wir drei Heimspiele, danach geht es vier Mal auf Reisen. Dazwischen sind immer wieder Spielpausen, wegen der U17-EM-Qualifikationsrunde in Deutschland und der anschließenden EM in Serbien. Zum Abschluss der Saison geht es zur WM nach Mexiko. Die Spieler sind im Dauerstress und dadurch ist eine individuelle Dosierung der Belastung nötig. Dauerhaft mit unserer U17 unter die ersten Fünf zu kommen, muss unser Ziel sein.

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