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MÄNNER
28.02.2011

Matthias Jaissle trifft Matthias Steiner

Knappe 140 Kilogramm Muskelmasse, verteilt auf 183 cm. Einer der stärksten Menschen der Welt, mit Sicherheit der Stärkste der Region. Im Rahmen unserer Serie „Sportler trifft Sportler“ treffen Fußballer von 1899 Hoffenheim auf Athleten verschiedener Disziplinen aus der Rhein-Neckar-Metropolregion. Für die heutige Ausgabe unternahm achtzehn99 gemeinsam mit Matthias Jaissle einen Ausflug zu dessen Namensvetter: Matthias Steiner, seines Zeichens Gewichtheber, Goldmedaillengewinner, Sympathieträger und vor allem: 1899 Hoffenheim-Fan.

Auf einen Schlag berühmt wurde Steiner 2008. Bei den Olympischen Spielen in Peking galt der gebürtige Österreicher, der heute für Deutschland startet, allenfalls Experten als Medaillenhoffnung. Auf Gold hätte wohl keiner gewettet. Doch Steiner strafte sie alle Lügen. Während der Medaillenverleihung zeigte er ein Bild seiner kurz zuvor verstorbenen Ehefrau, der er den Triumph widmete. Die Bilder gingen um die Welt. Steiner wurde Sportler des Jahres und hatte sich überdies in der Weltspitze etabliert.

Besuch im Bundesstützpunkt Leimen

Möchte man Matthias Steiner besuchen, führt der Weg zum Bundesstützpunkt der Gewichtheber nach Leimen. Ein in die Jahre gekommenes Gebäude, das genau dadurch seinen Charme erhält und bis unter die Decke mit Pokalen, Fotos von Wettkämpfen und allerlei schwerem Trainingsgerät vollgestopft ist. Bereits seit 25 Jahren schwitzt und schuftet hier die deutsche Gewichtheber-Elite. Ronny Weller hat hier trainiert, ebenso Manfred Nerlinger. Beide wurden Weltrekordler, Weltmeister und Olympiasieger. Hier bereitet sich Steiner auf die zwei anstehenden Großereignisse vor: die Weltmeisterschaft 2011 in Paris und die Olympischen Spiele 2012 in London.

Auch bei Fußballern gehört Krafttraining zum Alltag. „Ich gehe drei bis viermal die Woche Gewichte stemmen", sagt Jaissle und ergänzt lachend: „Aber so groß sind die Scheiben nicht, die ich benutze." In der Halle fallen die vielen Kameras auf. „Die helfen uns dabei, die Bewegungsabläufe beim Stoßen und Reißen zu analysieren. Sie erfassen Geschwindigkeit, Hantelhöhe und die Zeit, die wir brauchen, um den Körper unter die Hantel zu bringen", erklärt Steiner. Die kleinsten Fehler können so aufgedeckt werden. Trainerteam und Sportler greifen auf die neueste Technik zurück. „In den letzten zehn Jahren hat sich die technische Ausstattung enorm verbessert."

Das lässt sich auch über die öffentliche Wahrnehmung des Gewichthebens sagen. Großen Anteil daran hat Steiner selbst, relativiert jedoch: „Bei Olympischen Spielen war die Aufmerksamkeit immer sehr hoch. Erfolgreiche Athleten wie Ronny Weller standen damals schon im Fokus." Er erklärt sich das vor allem mit dem Superlativ des Gewichthebens: „Es ist ein bisschen wie die Suche nach dem stärksten Mann der Welt." Trotz aller Bescheidenheit muss aber auch er ein gesteigertes Interesse einräumen: „Wenn früher bei deutschen Meisterschaften vier Pressevertreter kamen, sind es heute 40." Das erfordert Lernprozesse auf beiden Seiten. „Anfangs wussten die Fotografen nicht, was beim Gewichtheben erlaubt ist, wo sie sich hinstellen können und wo besser nicht."

Reißen, Stoßen, Training und Taktik

Reißen und Stoßen, die beiden Disziplinen des Gewichthebens, zählen nicht zu den Übungen, mit denen sich Fußballer bei ihrem Krafttraining in der Regel beschäftigen. „Wir benutzen die Langhantel nur zum Bankdrücken", sagt Jaissle. Auf einen Versuch lässt es der Innenverteidiger von Hoffenheim ankommen. Das Übungsgewicht von Steiner, 210 kg, erweist sich aber als zu schwer. Dabei sind das noch gute 40 kg unter der Bestleistung des 28-jährigen Gewichthebers, die er in Peking erbrachte. 250 kg hat seitdem kein anderer Athlet mehr in die Höhe gewuchtet.

Der Trainer ist nicht nur Übungsleiter und Lehrer, sondern auch Taktiker, wie Steiner betont: „Er kann während des Wettkampfs fast stärker eingreifen als beim Fußball. Er beobachtet die Gegner und entwickelt die Taktik, also wann und wie viel Gewicht erhöht wird." Wichtig sei dabei, die Pausen zwischen den Versuchen möglichst gering zu halten. „Sonst kühlt man wahrscheinlich aus und ist nicht mehr fokussiert genug", vermutet Jaissle und liegt damit richtig. „Genau. Wir arbeiten über Schnellkraftmuskulatur. Sobald die auskühlt, steigt die Verletzungsgefahr und die Leistung sinkt." Im zwei- bis dreistündigen Training werde daher immer am Limit gearbeitet: „Wir sind fast die ganze Zeit an der Hantel, mit kurzen Pausen, um den Puls wieder abzusenken."

Belastung und Verletzungen

Die körperliche Belastung ist enorm: „Bei einem guten Training verliere ich schon mal 4 kg Körpergewicht, das meiste in Form von Flüssigkeit." Das Risiko von Verletzungen ist entgegen der allgemeinen Auffassung aber nicht höher als beim Fußball.

„In der Regel sind bei uns die Knie und Knöchel die Problembereiche", beschreibt Jaissle die häufigsten Fußballersorgen. Dazu kommt der Körperkontakt in Zweikämpfen. „Die klassischen Probleme bei Gewichthebern sind eher Überlastungsschmerzen, also Entzündungen und Reizungen", sagt Steiner. Bei beiden Sportarten bemüht man sich, durch Physiotherapeuten und Reha-Programme entgegenzuwirken.

Kommt es zu einer Verletzung, müssen sich alle Sportler durch ähnliche Programme quälen, um zurück zur Leistung zu finden. Beide haben das bereits hinter sich. Jaissle zog sich im März 2009 einen Kreuzbandriss zu. „Die Zeit nach der OP, also das Reha-Programm, war nicht so schlimm. Hart wurde es, als Folgeverletzungen auftraten und nicht klar war, was es überhaupt ist." Dem 22-Jährigen ist es zum Glück gelungen, sich durchzukämpfen. Dasselbe gilt für Steiner, den ein Leistenbruch nach dem Olympiasieg 2008 zur Pause zwang. „Ich konnte drei Monate gar nicht trainieren. In der Leistungsspitze ist das enorm", erinnert sich Steiner.

Steiner, der Hoffe-Fan

Steiner ist nicht nur selbst Sportler, er ist auch Fußballfan. „So oft es die Zeit zulässt, bin ich im Stadion", gesteht der bekennende Hoffenheim-Fan. Begonnen hat die Begeisterung bei ihm recht früh. „In der zweiten Bundesliga habe ich gelegentlich Karten von Bekannten bekommen. Das war noch im Dietmar Hopp Stadion." Steiner sieht durchaus Parallelen zwischen dem Aufstieg des Dorfclubs und seiner eigenen Erfolgsgeschichte. „Bei mir ging das ähnlich schnell. Eben noch Nobody, auf einmal ein bundesweiter Bekanntheitsgrad. Das passt vielleicht nicht jedem und erzeugt Neid. Aber Hoffenheim steht da drüber - genau wie ich", sagt Steiner mit einem Lachen.

Was erwartet sich der Fan Steiner von der restlichen Saison? Bei der Antwort beweist er, dass sich realistische Erwartungshaltungen und Träume nicht zwangsläufig ausschließen müssen: „Der Umbruch in der Winterpause war natürlich ein Einschnitt. Ich hoffe aber dennoch, dass wir nicht unterhalb des zehnten Platzes landen. Wenn man vor allem die Leistungen in den Heimspielen betrachtet, ist das, glaube ich, realistisch." Und die Träume? Der Olympiasieger lächelt und sagt: „Irgendwann mal Champions League wäre eine feine Sache. Aber das ist erstmal ein Traum. Aber man darf ja träumen."

Das Video zum Treffen gibt's auf achtzehn99 tv.

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